A26 Ost infrage gestellt: Hamburger Grüne gegen Hafenautobahn

Fraktionschef Lorenzen wendet sich gegen Denkverbote und verweist auf den Bund. Ampelkoalition hat vereinbart, Bundesverkehrswegeplan zu überarbeiten.

Jemand hält eine Karte mit dem durchgestrichenen Symbol für die A26 Ost in die Kamera

Umstrittenes Projekt: Hafenpassage A26 Ost Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Eines der zentralen Straßenbauprojekte in Hamburg ist von den Grünen infrage gestellt worden. „Das ist die pro Kilometer teuerste geplante Autobahn in Deutschland und ihr Nutzen ist zweifelhaft“, sagte Fraktionschef Dominik Lorenzen dem Hamburger Abendblatt. Das Projekt gehe von überholten Prognosen aus. Auch unter den „neuen Vorzeichen der Klima- und Energiekrise sei es nötig, das Projekt zu überdenken, sagte er der taz.

Lorenzens Forderung knüpft an ein Papier zum Klimaschutz im Verkehr an, das der Vorstand der Grünen-Bundestagsfraktion am Donnerstag beschlossen hat. Das Papier enthält ein dickes Maßnahmenbündel für eine „umfassende Mobilitätswende“. Zum Thema Straßen heißt es darin, das deutsche Autobahn- und Bundesstraßennetz sei eines der dichtesten Fernstraßennetze Europas. Statt dieses weiter auszubauen, sei „die volle Konzentration auf die Sanierung von Brücken und vorhandenen Schnellwegen“ notwendig.

Wenn Verkehrswege ausgebaut werden sollten, dann in Form der Schiene. „Nur wenn die Bahn in Deutschland verlässlich und leistungsstark ist, wird sie ihr Potenzial zur Verkehrsverlagerung von Straße und Flugzeug auf die Schiene tatsächlich ausschöpfen“, formuliert der Fraktionsvorstand. Die Grünen wehren sich damit gegen Bestrebungen der FDP und SPD, im Zuge der geplanten Planungsbeschleunigung für Infrastrukturprojekte auch das Fernstraßennetz auszubauen, als gäbe es keine Klimaschutzziele.

Heruntergebrochen auf Hamburg stellt sich für Fraktionschef Lorenzen „die Frage, ob es zwei teure Querverbindungen von der A1 zur A7 braucht“. Eine dieser Querverbindungen gibt es schon heute, jedoch nicht als Autobahn. Sie führt über die Köhlbrandbrücke, die alt, niedrig und überlastet ist, und deshalb durch einen Tunnel ersetzt werden soll. Lorenzen zufolge könnte daraus auch eine Autobahn durch den Hafen werden.

Überholte Analysen

„Eine Köhlbrandquerung brauchen wir für den Verkehr innerhalb des Hafens ohnehin“, sagt Lorenzen, „und sie würde über bereits versiegelte Fläche führen“. Demgegenüber sei der mächtige ökologische Fußabdruck der zusätzlichen, „Hafenpassage“ genannten Querung zu bedenken, zumal die Bedarfsanalysen dafür überholt seien.

Ausformuliert haben das aktuell die Umweltverbände Nabu und BUND anlässlich ihrer Stellungnahme zum achtstreifigen Ausbau der A1 im Süden Hamburgs. „Den Ausbau der A1 unter anderem mit dem Neubau der A26 zu begründen, zeugt traurigerweise davon, dass den politischen Entscheidern mittlerweile jegliches Krisenbewusstsein abhanden gekommen zu sein scheint“, schreiben die Verbände.

Für eine klimaneutrale Zukunft sei der Verkehrssektor zentral. Deshalb sei der Aus- und Neubau von Fernstraßen zu stoppen. „Die Rechnung ist ganz einfach“, sagt Sabine Sommer, Verkehrsreferentin des BUND Hamburg. „Menschen nutzen die Infrastruktur, die vorhanden ist. Wenn wir weiter Autobahnen neu oder ausbauen, zementieren wir auf Jahrzehnte die Abhängigkeit vom Auto.“

Die Autobahnausbaupläne basierten auf falschen Erwartungen. So seien die Prognosen für den Containerumschlag im Hafen für 2030 stark korrigiert worden. Sie stagnieren seit Jahren. Auch die erwarteten Passagierzahlen für den Helmut-Schmidt-Airport seien übertrieben, zumal der Flugverkehr schon aus Klimaschutzgründen in den nächsten Jahrzehnten zurückgehen müsse statt weiter zu wachsen.

Wirtschaft alarmiert

Die Handelskammer hält dem entgegen, es sei eine nationale Aufgabe, die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens zu verbessern. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig den Umbau zur Klimaneutralität zu erreichen, werden wir uns immer wieder neue Entwicklungsräume erschließen müssen“, ergänzt der Industrieverband Hamburg. „Unser Standort kann nur florieren, wenn Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsräume gut miteinander vernetzt sind.“

Der ADAC wies darauf hin, dass die Hafenpassage den Ost-West-Verkehr und den Hafenverkehr bündele und aus der Stadt heraus halte. „Wie wollen wir den Anwohnern an der Bundesstraße 73 erklären, dass die ersehnte Entlastung nun doch nicht kommt und sie weiter den zunehmenden Verkehr vor ihrer Haustür ertragen müssen?“, fragt Hanno Huijssen, Vorstandsvorsitzende ADAC Hansa.

Die Hamburger Grünen haben im Koalitionsvertrag eine klare Zusage zum Projekt A26 Ost gegeben. „Wenn man jetzt über den Umweg der Bundespolitik das Projekt doch noch verhindern möchte, ist das ein klares Foulspiel“, findet Huijssen.

Rot-Grün in Hamburg habe vereinbart, den Bund beim Bau der A26 Ost zu unterstützen, sagt Lorenzen. Das heiße aber nicht, dass die Koalition im Bund das Projekt nicht überdenken dürfe. „Wenn der Bund sich für den Bau entscheidet, werden wir das mittragen, aber wir werden nicht den Werbefilm für die A26 Ost drehen“, sagt Lorenzen.

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