Belgien verlängert AKW-Laufzeiten: Zehn Jahre mehr für zwei Reaktoren

Wegen der Energiekrise einigen sich Belgien und der Konzern Engie auf eine längere Laufzeit für zwei AKWs. Dem Deal gingen harte Verhandlungen voraus.

Die Kühltürme eines Kraftwerks

Störanfällig: das belgische Atomkraftwerk Tihange in der Provinz Lüttich Foto: Juergen Schwarz/imago

BRÜSSEL taz | Es ist der Ausstieg aus dem Atomausstieg: Belgien und der französische Stromversorger Engie haben sich auf eine Verlängerung der Laufzeit von zwei Atomkraftwerken um zehn Jahre geeinigt. Bei den Reaktoren handelt es sich um Doel 4 bei Antwerpen und Tihange 3 bei Lüttich. Sie sollen nun renoviert und erweitert werden.

Belgien hatte den Atomausstieg bereits 2003 gesetzlich verankert. Eigentlich sollte er 2025 abgeschlossen werden. Der Krieg in der Ukraine hat die Pläne jedoch durchkreuzt. Die belgische Föderal-Regierung hatte sich schon im Frühjahr 2022 darauf geeinigt, die beiden Reaktoren bei Versorgungsproblemen länger laufen zu lassen. Auch in Deutschland gab und gibt es wegen der Energiekrise eine Debatte um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Nach derzeitigem Stand wurde die Laufzeit von drei Atomkraftwerken bis zum April um gut drei Monate verlängert.

Die Bedingungen für die Verlängerung der zwei belgischen AKWs waren bis zuletzt umstritten. Ursprünglich sollte der Deal mit Engie schon zum Jahreswechsel stehen. Die Verhandlungen waren hart und dauerten nun neun Tage länger als geplant. Sie kreisten um die Frage, wann die beiden Reaktoren wieder ans Netz gehen – und wer für die Kosten aufkommt.

Folgt man dem belgischen Premier Alexander De Croo, so sind beide Probleme nun gelöst. Die Arbeiten für die Verlängerung könnten sofort beginnen, sagte der liberale Politiker in Brüssel. Damit könnten die beiden Reaktoren im Winter 2026/27 wieder ans Netz gehen. Damit sei die Gefahr eines Blackouts in Belgien „extrem niedrig“, so de Croo.

Grüne tragen Vereinbarung mit

Die Kosten sollen sich der belgische Staat und der Betreiber Engie teilen. Nach französischen Medienberichten geht es um 20 Milliarden Euro. Engie hat bereits eine „nukleare Reserve“ von 15 Milliarden angelegt. Die belgische Regierung nannte keine Zahlen. Sie will verhindern, dass der Steuerzahler tiefer in die Tasche greifen muss.

Bemerkenswert ist, dass die Grünen die Vereinbarung mittragen – wenn auch mit Bauchschmerzen. Deren Energieministerin Tinne Van der Straeten sagte: „Es ist in unser beidem Interesse, Klarheit zu schaffen. Was kostet das? Wer übernimmt welche Kosten? Wer trägt die Verantwortung?“ In den kommenden Wochen werde weiter verhandelt, um die noch ausstehenden Details zu regeln.

Dabei geht es nicht nur um die Kosten, sondern auch um den Atommüll. Bisher wird ein Großteil des strahlenden Abfalls in Dessel in der Provinz Antwerpen gelagert. Im September 2022 hatte Belgien den Pannenreaktor Doel 3 für immer vom Netz genommen. Wenige Tage vorher war auch Tihange 3, das etwa 60 Kilometer von Aachen entfernt ist, ungeplant für zwei Wochen vom Netz genommen worden.

Derzeit sind in Belgien noch sechs Meiler an zwei Standorten in Betrieb. Die belgischen Atomkraftwerke sichern rund die Hälfte des Strombedarfs. Belgien ist jedoch auch Exporteur von Energie. So kommt Flüssiggas über den Hafen Zeebrügge nach Deutschland.

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