Neue Regierungskoalition in Bosnien und Herzegowina: Schwierige Partnerschaft

Die Koalition in Sarajevo könnte kaum heterogener sein. Die Nationalisten sollten die Zugeständnisse an sie mit deutlichen Gegenleistungen belohnen.

Milorad Dodik steht an einem Rednerpult

Milorad Dodik bei den Feierlichkeiten zum 31. Geburtstag der Republik Srpska. Putin ist sein Vorbild Foto: Armin Durgut/ap

Es ist sicherlich kein Geheimnis mehr, dass wichtige Vertreter der USA und der EU, darunter der Hohe Repräsentant Christian Schmidt, die nicht nationalistischen Parteien der Osmorka in Bosnien und Herzegowina unter Druck gesetzt und sie in eine Koalition mit den serbischen und kroatischen Nationalisten gedrängt haben. Angesichts des Krieges in der Ukrai­ne besteht offenbar das Ziel, auf dem Balkan „kalkulierbare“ Verhältnisse einkehren zu lassen.

Denn es ist ja auch in Brüssel und in Washington nicht verborgen geblieben, dass vor allem serbische, aber auch kroatische Nationalisten den Krieg Russlands in der Ukraine zumindest emotional unterstützen. Doch wie soll das funktionieren? Der serbisch-bosnische Politiker Milorad Dodik verkündet offen, dass er in Putin sein Vorbild sieht und es als gerechtfertigt betrachtet, für die Nation und die orthodoxe Religion in den Krieg zu ziehen.

Die zigtausendfachen Verbrechen der ethnischen Säuberungen vor 30 Jahren, die Serbiens Soldateska zu verantworten hat, streitet er ab. Der Krieg damals wirkt wie eine Blaupause für die Ereignisse in der Ukraine jetzt. Wie kann man mit solchen Leuten auf einen Nenner kommen? Akzeptiert man die nationalistischen Serben und Kroaten um einer fragwürdigen Realpolitik willen?

Sollen sich all jene, die gegen die völkisch motivierten Verbrechen ihre Stimme erhoben haben, die für die bosnische Tradition der Verständigung und Toleranz persönlich Opfer gebracht haben, jetzt mit den Verteidigern der Mörder versöhnen? Das ist ein hoher Preis, der entsprechende Gegenleistungen nötig macht. Mit ein paar Regierungsposten wird es kaum getan sein.

Es müsste schon eine Perspektive dahinterstehen, so in der Frage, wie der Rechtsstaat in Bosnien und der Herzegowina wirklich praktisch machbar ist. Absichtserklärungen reichen nicht, sondern es braucht knallharte Machtmittel. Davon scheinen die immer nur gegenüber der Zivilgesellschaft forschen Diplomaten der Dayton-Garantiemächte jedoch weit entfernt zu sein.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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