DFB-Dramolett um Rudi Völler: „Rudi steht für Diversität“

Die DFB-Taskforce hat sich auf Rudi Völler als Sportdirektor ab Februar verständigt. Der taz wurde eine Audio-Aufnahme der Sitzung zugespielt.

Rudi Völler winkt mit erhobenen Händen dem Publikum, das ihn feiert

Einzige Hoffnung des deutschen Fußballs: Rudi Völler kann sich gegen so viel Zuneigung nicht wehren Foto: Jan Huebner/imago

Am Tisch: Bernd Neuendorf, Hans-Joachim Watzke, Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer, Oliver Kahn, Oliver Mintzlaff und Rudi Völler.

Bernd Neuendorf (eröffnet die Sitzung): Hallo meine Herren, gehen wir gleich in medias res. Rudi, du hast dir Bedenkzeit auserbeten. Aber du weißt, wir haben ohnehin keine Alternativen. Du bist als Rentner der Einzige, der von uns Zeit hat.

Rudi Völler: Ihr wisst doch alle, dass ich mir das anders vorgestellt habe. Ich musste das auch mit Sabrina besprechen.

Aki Watzke: Soll noch einer sagen, Frauen hätten im deutschen Fußball nichts zu sagen. (alle lachen feixend)

Rudi Völler: Jungs, jetzt haltet mal schön den Ball flach. Jahre habe ich meiner Frau vorgejammert, dass ich den ganzen Zirkus nicht mehr brauche, und jetzt soll ich ihr plötzlich sagen: Schatz, ich will den deutschen Fußball retten.

Karl-Heinz Rummenigge: Rudi, vor fast 23 Jahren hatten wir doch den gleichen Ärger. Der Erich (Erich Ribbeck; d. Red.) hat unseren Fußball gegen die Wand gefahren und man hatte den Eindruck, wir stünden vor dem Untergang des Abendlandes. Am Ende des Abends hast du dann die Aufgabe übernommen und wir sind Vizeweltmeister geworden.

Rudi Völler: Das ist ja das, was mich wurmt. Nach mir kam nämlich der neunmalkluge Jürgen (Jürgen Klinsmann; d. Red.) und hat mit Jogi (Joachim Löw; d. Red.) so gescheit getan, als ob sie den Fußball neu erfinden würden. Alles was wir gemacht hatten, war Käse. Denen würde ich es gern noch einmal zeigen.

Aki Watzke: Mensch, Rudi, das wär doch ’ne Riesengeschichte.

Rudi Völler: Die Schlaumeier haben sich doch sofort wieder gemeldet, als wir unsere Taskforce gegründet haben, um über die Nachfolge von Oliver (Oliver Bierhoff; d. Red.) zu beraten. Dieser ganze Mist. Alles nur alte weiße Männer aus dem Fußball, nicht divers genug. Oli, du bist doch erst 53, oder?

Oliver Mintzlaff: Ich bin sogar erst 47.

Oliver Kahn: Quatsch, Oliver, von dir ist nicht die Rede. Rudi meint mich. Ich hab ja kein Problem damit, der Arsch zu sein. Aber wenn auf Oliver ein Oliver folgt, das würde man uns nicht als wirklichen Wandel abkaufen. Zumal ich wie Oliver BWL studiert habe. Rudi steht da ein Stück weit auch für Diversität. Außerdem stehen wir vor der 11. Deutschen Meisterschaft in Serie. Nachlassen, lockerlassen oder loslassen gibt es beim FC Bayern nicht. Davon könnte sich die deutsche Nationalmannschaft eine Scheibe abschneiden.

Karl-Heinz  Rummenigge: Etwas mehr Demut stünde der Nationalmannschaft auch gut zu Gesicht.

Aki Watzke: Kalle, wie viel Uhr haben wir denn? (Rummenigge schaut auf seine Rolex, alle lachen)

Karl-Heinz  Rummenigge (verärgert): Wenn du auf die Uhren anspielst, die ich von meinen katarischen Freunden bekommen habe: Die trage ich nur privat zu besonderen Anlässen. Wären wir bei der WM den Katarern gegenüber aufgeschlossener gewesen, hätten wir uns mit unserem Protest nicht verzettelt und säßen vielleicht gar nicht hier. Kommen wir lieber zu unserer Agenda. Sportliche WM-Analyse, hatten wir das schon?

Matthias Sammer: Über Köpfe zu reden, ist wichtig, aber endlich reden wir über Inhalte. Ich bin ganz ehrlich der Meinung, dass wir nicht total depressiv in die Themen reingehen müssen. Wir haben bei der WM super Spieler gehabt, aber wir müssen sie in die richtige Richtung bringen. Ich brauche Spieler, die auf dem Platz die Rute rausholen. Was mich vor allem umtreibt, ist die Frage: Haben wir noch eine Identität in unserem Fußball?

Rudi Völler: Die Mannschaft ist gut besetzt, aber es hat die Gier gefehlt. Das habe ich schon den Journalisten erzählt. Uns haben bei der WM 2002 die deutschen Tugenden ins WM-Finale getragen. Von denen ist leider schon lange nichts mehr zu sehen.

Matthias Sammer: Die Einstellung ist wichtiger als die Aufstellung. Das sage ich immer wieder. Oli, so lebst du doch auch den Fußball?

Oliver Mintzlaff: Genau, das richtige Mindset im Wettbewerb ist heute unverzichtbar.

Matthias Sammer: Ich meinte eigentlich Oli.

Oliver Kahn: Ich bin ja für den modernen Fußball, aber es braucht auch Zeit, um gewisse Dinge zu entwickeln. Dazu benötigst du Ruhe und das entsprechende Umfeld. Ich habe mit den Jahren gelernt, dass eine gewisse Lockerheit nicht schaden kann. Deshalb ist Rudi jetzt genau der richtige Mann.

Karl-Heinz  Rummenigge: Ich warne zudem eindringlich davor, uns von Stimmungen da draußen treiben zu lassen. Da wird oft an den eigentlichen Dingen vorbeigeredet. Einflüsse von außen, Diversität, Menschenrechte, Homophobie, Alter, das sind alles Nebenkriegsschauplätze. Es geht einzig und allein um die deutsche Nationalmannschaft.

Aki Watzke: Dann sind wir uns doch alle einig. Rudi hat hier eine glasklare und knallharte WM-Analyse auf den Tisch gelegt. Mir wird der deutsche Fußball auch zu sehr in Schutt und Asche geredet. Jetzt braucht es einen, der sich dem Palaver mit den ständigen Tiefpunkten entgegenstellt und Tacheles redet. Rudi?

Rudi Völler: Ihr wisst ja, dass ich nicht nein sagen kann. (alle stehen auf und applaudieren)

Aki Watzke: Der Rudi wird den Karren schon aus dem Dreck ziehen, weiß er doch, dass wir sonst wieder den Jürgen mit seinen Gummibändern holen müssen.

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