In Vizeweltmeistermanier

Vor allem im Ausland wird wieder geschwärmt von der deutschen Art, Siege bei Turnierspielen einzufahren. Nach dem glücklichen Erfolg gegen Tunesien wird sogar wieder das Lied von der Überlegenheit der deutschen Kondition angestimmt

Das hört man gern: „Deutschland ist eine der größten Mächte der Welt“

AUS KÖLN MATTI LIESKE

Spiele wie jenes gegen Tunesien am Samstag waren es, die den Ruf des deutschen Teams als Furcht erregende Turniermannschaft begründet haben. Ein Ruf, der bei den letzten Europameisterschaften gewisse Beeinträchtigungen erfuhr, bei der Weltmeisterschaft 2002 wieder aufpoliert wurde und nächstes Jahr das DFB-Team durch die so schrecklich wichtige WM im eigenen Land tragen soll. Spiele wie das gegen Tunesien gewinnt man normalerweise nicht, sondern ist froh, wenn man mit einem Unentschieden davonkommt. Doch am Ende der Partie in Köln stand ein komfortables 3:0 sowie die Qualifikation für das Halbfinale im Confederations Cup, und alle taten so, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.

„Manchmal muss man eben einfach Geduld haben“, sagte Bundestrainer Jürgen Klinsmann, so, als habe es nie einen Zweifel daran gegeben, wer schließlich Tore schießen und am Ende als Sieger vom Platz gehen würde. „Man muss auch mal warten können“, folgte Kapitän Michael Ballack pflichtschuldigst der offiziellen Sprachregelung, welche die Trainer schon in der Halbzeit zur psychischen Aufrüstung eingesetzt hatten. Und plötzlich spielte sogar wieder ein Umstand eine Rolle, von dem zuvor behauptet worden war, dass es ihn überhaupt nicht mehr gäbe: Die überlegene Kondition des deutschen Teams. „Wir wussten, dass wir für 90 Minuten Luft haben, und die Tunesier nicht“, sagte Lukas Podolski stolz. Roger Lemerre, Trainer der Nordafrikaner, wird jetzt sicher schnellstens ein Fitnessteam aus den USA ins Land holen.

Der Franzose räumte ein, dass seiner Mannschaft am Ende etwas „die Frische“ fehlte nach den Beschwerlichkeiten der letzten WM-Qualifikationsspiele, sprach jedoch eher von moralischer Müdigkeit nach dem Elfmetertor von Ballack zum 0:1 eine Viertelstunde vor Schluss. Ansonsten nährte auch Lemerre die Legende von der Stärke der Deutschen. „Es ist schwer, gegen einen Finalisten der letzten WM zu gewinnen“, dozierte er und fuhr fort: . „Der Unterschied zwischen großen und kleinen Teams ist: Wenn die großen eine Chance haben, nutzen sie diese auch aus.“ Worte, wie sie Klinsmann am liebsten jeden Tag hören möchte, wie er sie aber vor allem aus fremden Landen zu hören bekommt. Zum Beispiel vom kleinen Argentinier Carlos Tevez, der mit seinen 21 Jahren selbst bisher nur begrenzte Erfahrung im Weltfußball sammeln konnte, aber die in seiner Heimat vorherrschende Meinung kundtat, als er sagte: „Deutschland ist eine der größten Mächte der Welt.“

Der Respekt der anderen ist in jedem Fall eine gute Basis, die Gefahr, eine Portion davon einzubüßen, hat das DFB-Team bei diesem Confederations Cup schon mal vermieden. Es kann sich eigentlich nicht mehr blamieren, es sei denn, es setzt noch eine vernichtende Niederlage morgen gegen Argentinien oder später gegen Brasilien, was aber bei dem mehr freizeitorientierten Ansatz der südamerikanischen Vertreter eher nicht zu erwarten ist. Wichtig für Image und Wohlbefinden waren die Partien gegen Australien und Tunesien. „Es war klar, dass wir die ersten beiden Spiele gewinnen müssen“, sagte Michael Ballack, der wie immer zum „Man of the Match“ gewählt wurde, weil die internationalen Juroren offenbar niemand sonst im deutschen Team kennen. Die Pflicht ist mit mehr Ach und Krach, als es die Resultate ausdrücken, absolviert, alles andere lässt sich in bewährter Manier und je nach Ausgang entweder als Demonstration bereits erreichter Stärke oder als wichtiger Schritt im Lernprozess definieren. Und wenn doch irgendwelche Zweifel aufkommen, was allerdings im Reich des neuen Optimismus kaum zu erwarten ist – einfach Roger Lemerre anrufen. Der erläutert dann noch einmal den Unterschied zwischen den großen und den kleinen Teams. Tunesien liegt in der Fifa-Weltrangliste übrigens auf Rang 38 – gerade 17 Plätze hinter Deutschland.