Justizreform in Israel: Mit vereinter Kraft

Innerhalb Israels wird die Kritik an der Regierung und geplanten Reformen lauter. Ohne Rückendeckung aus dem Ausland wird sie verpuffen.

Demonstration mit Regenbogenfahne

Großdemonstration gegen die Regierung Netanjahu in Tel Aviv am 14. Januar Foto: Amir Cohen/reuters

Jüdisch und demokratisch soll Israel sein. Das war stets die Ansage von Benjamin Netanjahu schon in seinen früheren Amtszeiten als Regierungschef. Und es ist klar der Wunsch der Zigtausenden Demons­tran­tInnen, die am Wochenende gegen die Justizreform auf die Straße gingen, getrieben von ihrer berechtigten Sorge um Israels Demokratie.

Erst wenige Wochen im Amt, präsentiert der neue Justizminister Yariv Levin seine Änderungsentwürfe: Mehr Mitspracherecht bei der Wahl von Richtern und Richterinnen schwebt ihm vor und weniger Macht für den Obersten Gerichtshof. Mit einer einfachen Mehrheit von nur 61 der insgesamt 120 Abgeordneten in der Knesset sollen, ginge es nach Levin, Entscheidungen der höchsten RichterInnen – auch und gerade wenn es um verfassungswidrige Gesetze geht – außer Kraft gesetzt werden können.

Damit wäre der Weg geebnet für die Regierungskoalition, der 64 ParlamentarierInnen angehören. Levin zielt auf nicht weniger als die Politisierung der Justiz und damit auf das Ende der Gewaltenteilung. Endlich meldet sich auch Staatspräsident Jitzchak Herzog zu Wort und warnt vor der sich seit Wochen abzeichnenden Verfassungskrise. Hunderte JuristInnen legten für kurze Zeit ihre Arbeit nieder.

Esther Hayut, die Präsidentin des Obersten Gerichts in Jerusalem, spricht von einer „tödlichen Wunde für die Unabhängigkeit der Justiz“. Der auf innenpolitischer Bühne immer lauter geäußerte Protest muss Gehör finden, sei es in Washington, New York, Brüssel oder Berlin, wenn er Erfolg haben soll, wenn man Minderheiten schützen will. Die Queer-Community und religiöse Minderheiten, auch innerhalb des Judentums, und natürlich die PalästinenserInnen in Israel und in den besetzten Gebieten gehören dazu.

Und wenn man verhindern will, dass Korruption in Jerusalem zur Alltagsangelegenheit wird. Dass es für Netanjahu, der sich aktuell wegen Korruption vor Gericht verantworten muss, ein Leichtes sein wird, mit der Rückendeckung der Koalitionspartner den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wird angesichts dieser Reform beinahe zur Nebensache.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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