Umweltverbände kritisieren Ems-Vertiefung: „Tote Zonen im Fluss“

Niedersachsen will bald mit dem Genehmigungsverfahren zur Vertiefung der Ems beginnen. Die Umweltverbände warnen vor noch mehr Verschlickung.

Landspitze der Ems in Niedersachsen

Mit größerer Flusstiefe kommt auch mehr Schlick in die Ems: die Landspitze „Knock“ in Ostfriesland Foto: Tobias Bruns/dpa

BREMEN taz | Die seit Jahren geplante und heftig umstrittene Vertiefung der Außenems rückt näher: Die niedersächsische Landesregierung rechnet mit einem Beginn des Genehmigungsverfahrens noch in der ersten Jahreshälfte. Dann sollen die Unterlagen ausgelegt werden, teilte das Umweltministerium mit. Das Planfeststellungsverfahren werde etwa ein Jahr dauern. Sollte nicht dagegen geklagt werden, könnte die Vertiefung schon 2024 kommen.

Die Außenems ist die Zufahrt nach Emden, Leer sowie Papenburg und wird jährlich von rund 25.000 Schiffen befahren. In der trichterförmigen Mündung soll auf knapp 13 Kilometern die Fahrrinne um einen Meter vertieft werden. Aktuell kann Emden tideunabhängig von Schiffen mit Tiefgang bis zu 7,70 Metern angelaufen werden. Niedersachsen möchte mit der Vertiefung rund 10.000 Jobs sichern. Emden, drittgrößter deutscher Nordseehafen, gilt als wichtig für den Umschlag von Autos und Windkraftanlagen.

Das Ausbaggern der Ems sei eine „relativ kleine Maßnahme“ und dauere lediglich etwa drei Monate, sagt Hans-Heinrich Witte von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. Die Umweltverbände lehnen das Vorhaben ab, weil die Ems seit Jahrzehnten unter Verschlickung und Sauerstoffmangel leidet und zu viel Salz und Stickstoff transportiert. Bis 1980 war die Wasserqualität der Unterems noch gut, das Emsästuar galt als die fischreichste Flussmündung Deutschlands.

Doch oberhalb von Emden wurde der Fluss für die riesigen Kreuzfahrtschiffe aus der Papenburger Meyer-Werft immer mehr begradigt und vertieft. Dadurch haben sich die Wasserströme so verändert, dass die Flut mehr Schlick in den Fluss presst als die Ebbe wieder mit zurück ins Meer nehmen kann. Die Sedimente lösen sich im Wasser, was zu einem geringen Sauerstoffgehalt führt – Pflanzen und Lebewesen können sich nicht mehr ansiedeln.

Schlechter ökologischer Zustand

Je mehr Flüsse wie die Ems, die Weser oder die Elbe ausgebaggert werden, desto mehr Schlick und salziges Meerwasser gelange weiter flussaufwärts, klagen die Umweltverbände. „Dies führt zum Absterben von Organismen, die auf Brack- oder Süßwasser angewiesen sind – noch mehr Schlick entsteht“, erklärt der NABU. Bei hohen Temperaturen im Sommer sinke der Sauerstoffgehalt dann so sehr, „dass von toten Zonen im Fluss gesprochen werden muss“.

Eine weitere Vertiefung der Ems bedeute eine weitere Verschlechterung ihres Zustandes und führe zu mehr Unterhaltungsbaggerungen, argumentieren die Umweltverbände. Schon heute bedecke eine mehrere Meter dicke Schicht aus Schlick im Sommer die Gewässersohle über dem tidebeeinflussten Bereich.

„Es ist immer noch nicht gelungen, den ökologischen Zustand des Flusses zu verbessern“, sagt Beatrice Claus vom WWF. Für sie ist das aber die Voraussetzung für eine Vertiefung. Insbesondere Anstauungen im Frühjahr bergen laut NABU große Risiken für die Gelege der Brutvögel – Flächen die zum Europäischen Vogelschutzgebiet gehören. Seit 2019 sind zudem Teile der Außenems Naturschutzgebiet. Bereits 2015 wurde der “Masterplan Ems“ initiiert, um die bestehenden Konflikte zu entschärfen. Ziel ist es, bis 2050 die Interessen der Wirtschaft und des Umweltschutzes „bestmöglich zu vereinen“.

Und wohin mit all dem Baggergut? Schließlich kämpft Niedersachsen dagegen, dass Hamburg seinen Elbschlick vor der Vogelschutzinsel Scharhörn verklappt. Nach Ministeriums­angaben wollen einige Deichverbände den neu anfallenden Emsaushub nutzen, um die Deiche zu erhöhen und Böden zu befestigen.

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