Justiz in Spanien: Ende einer politischen Krise

Nach monatelanger Blockade ist in Spanien der Weg zur Neubesetzung zweier Posten am Verfassungsgericht frei. Die Progressiven stellen nun die Mehrheit.

Rundes Gebäude des Verfassungsgericht mit spiegelnden Fenstern und Flagge daneben

Jetzt mit progressiver Mehrheit: das spanische Verfassungsgericht in Madrid Foto: Juanjo Martín/EFE/imago

MADRID taz | Nach Monaten hat der spanische oberste Justizrat (CGPJ) – so etwas wie die Regierung der Richter – die monatelange Blockade bei der Neubesetzung des Verfassungsgerichts beendet. Der konservative und der progressive Sektor stimmten einstimmig für die Umbesetzung zweier Posten, die bereits vor sechs Monaten hätten erneuert werden müssen. Damit ist jetzt auch der Weg für die Entsendung zweier neuer Richter durch die Regierung frei.

Damit ist die bisherige konservative Mehrheit von sechs zu fünf Richtern im Verfassungsgericht Geschichte. Künftig werden dort sieben progressive Richter und vier Konservative sitzen. Das Verfassungsgericht wird bis mindestens 2031 diese Mehrheit behalten – wenn laut Verfassung ein Drittel der Posten erneuert werden muss.

Die konservativen Mitglieder im CGPJ, die einst auf Vorschlag der rechten Partido Popular (PP) ernannt worden waren, hatten mit ihrer Sperrminderheit die Erneuerung verhindert. Jetzt stimmten die progressiven Richter im CGPJ für deren Vorschlag, den konservativen Richter César Tolosa und dessen progressive Kollegin María Luisa Segoviano. Sie war bis vor Kurzem als erste Frau Präsidentin einer Kammer des Obersten Gerichtshofes. Die progressive Fraktion verzichtete damit überraschend auf ihren eigenen Kandidaten José Manuel Bandrés.

Nicht nur die Erneuerung von Richtern am Verfassungsgericht war längst überfällig. Die Konservativen blockieren auch die seit vier Jahren ausstehende verfassungsmäßige Umbesetzung des CGPJ. Die PP weigert sich, mit der Linksregierung unter Pedro Sánchez eine Liste von Richtern auszuhandeln, und diese dann mit der notwendigen Dreifünftelmehrheit im Parlament zu verabschieden. Ob sich das nun ändern wird, ist nicht klar.

Premier Sánchez konnte auf kleinere Parteien bauen

Die Justizblockade hatte vergangenen Woche zu einer schweren politischen Krise geführt. Die in Minderheit regierende Linkskoalition aus Sozialisten und Linksalternativen wollte ein Gesetz auf den Weg bringen, wonach Richter mit einfacher Mehrheit ernannt werden können. Nach jahrelanger Blockade durch die PP konnte Sánchez dabei auf die Unterstützung zahlreicher kleinerer Parteien bauen.

Nachdem das Gesetz im Kongress verabschiedet worden war, verhinderte das Verfassungsgericht – mit den Stimmen der konservativen Richter, die längst nicht mehr im Amt hätten sein dürfen, – die Abstimmung auf Antrag der PP im Senat. Sánchez kündigte daraufhin an, ein weiteres Gesetz ausarbeiten zu wollen, um die Blockade von CGPJ und Verfassungsgericht zu brechen. Dies führte wohl zur überraschenden Abstimmung über das Verfassungsgericht im CGPJ.

Das Verfassungsgericht muss demnächst über brisante Themen entscheiden, wie die Verfassungsklage der PP gegen das Abtreibungsrecht.

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