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Wenn der erste Schritt für die Revolution gemacht ist

Die Ampel ist rot. Wie immer eigentlich. Weil man erst den Druckknopf bedienen muss, wenn man als Fußgänger das Recht bekommen will, die beiden Autospuren zu überqueren.

Irgendwo in der Pampa auf dem Land, wo eh niemand zu Fuß geht, mag das sinnvoll sein. Aber diese Ampel steht vor dem Berliner Hauptbahnhof. Und weil auf der Mittelinsel gleich drei Tramlinien die reisewilligen Massen samt Gepäck ausspucken, stehen hier quasi immer Fuß­gän­ge­r:in­nen und warten. Und warten. Und warten. Auch weil die Menge der Tou­ris­t:in­nen gar nicht versteht, dass da irgendwo ein wichtiger Knopf zu drücken gewesen wäre.

Berlin-Moabit

81.800 Ein­wohner*innen.

Der Berliner Ortsteil in Mitte-Lage ist schon deswegen überlaufen, weil sich im dortigen Hauptbahnhof täglich rund 330.000 Reisende und Besucher herumtreiben.

Diesmal aber ist es anders. Eine Unruhe macht sich breit. Eine Nervosität. Dann setzt erst einer vorsichtig den Fuß auf den Asphalt, obwohl dahinten zwei Taxen angebraust kommen. Dann wagt sich ein zweiter vor, ein dritter. Schließlich ist der Bann gebrochen. Alle drängen auf die Straße. Ein Strom, der nicht mehr zu halten ist. Nur die Taxen müssen stoppen. So beginnen Revolutionen. In Berlin ist es immerhin eine Verkehrswende für zwei Minuten. Dann brausen die Autos wieder. Die Fußgängerampel zeigt immer noch rot. Gereon Asmuth