Die Wahrheit: Heinrich, Tarek und die Klemmnazis

Frage: Sind all diese Friedrichs und Heinrichs ausreichend in unsere Gesellschaft integriert? Gedanken zu einer quatschigen Vornamensdebatte.

Gestatten? Mein Vorname lautet Heiko. Ich bin nicht sicher, welchen Schluss die Berliner CDU daraus herleiten wird, die nach Silvester von der Stadtregierung Auskunft darüber verlangte, wie denn „die Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsbürgerschaft lauten“. Man weiß ja nie, was sich hinter einem deutschen Pass alles verbirgt! Eine Frage, der man schon in den Dreißigerjahren mit Hilfe des Arier-Nachweises allerdings erheblich belastbarer nachging als die heutigen Klemmnazis der Berliner CDU.

Was sagt so ein Vorname schon aus? Der Sohn einer Freundin von mir heißt Tarek. Der Migrationshintergrund der Familien beider Elternteile reicht über etwa tausend Jahre nicht weiter als bis in die niedersächsische Pampa. Den Eltern gefiel einfach der Name, so wie es ja auch Mandys, Kevins oder Jacquelines geben soll, die gar nicht US-amerikanischer oder französischer Abstammung sind.

Meine westfälisch-katholischen Eltern hatten das Problem, dass mein Großonkel, dem als Pfarrer in der Familie das natürliche Recht zustand, alle Abkömmlinge zu taufen, Heiko als heidnischen Namen diagnostizierte und mir daher die kleine Dusche verweigerte.

Heinrich und Konradus gleich Heiko

Erst als sie ihm erklärten, dabei handele es sich um die Kurzform der guten christlichen Vornamen Heinrich und Konradus, ließ er sich erweichen, weshalb allerdings in meiner Taufurkunde eben jene erstaunliche Vornamenskette aufgeführt ist. Sollte ich zu meiner Überraschung dereinst doch einmal vor so etwas wie einen Herrn treten, werde ich leider gar nicht reagieren, wenn er mich anspricht.

Dabei ist der Gedanke der Berliner CDU auf eine gewisse Weise sogar richtig: Denn Randale, Attacken auf Ordnungskräfte, Rumgeballere mit Pyrotechnik und grundidiotischer Männlichkeitswahn – das könnte natürlich auch bei jeder biodeutschen Wutbürger-Demo oder jedem teutonischen Hooligan-Auftritt bei jedem beliebigen Fußballspiel diagnostiziert werden und ist daher schlecht geeignet für die von der Berliner CDU erhoffte Bestätigung ihrer rassistischen Grundannahmen.

Man braucht also ein weiteres, einigermaßen zuverlässiges Merkmal. Ich würde ja sagen: Erheblich besser als Vornamen funktioniert die Blutpromillezahl. Andererseits, wie ich aus langjähriger Erfahrung im Berliner Wedding weiß: Diese Türken und Araber tarnen sich inzwischen nicht nur mit deutschen Pässen, sondern saufen manchmal auch wie waschechte CSU-Politiker. Alles nicht so einfach.

Was sagt uns eigentlich der Vorname des aktuellen CDU-Vorsitzenden? Dass seine Eltern ihn in eine lange Tradition von autokratischen, monarchistischen und militaristischen Namensvettern gestellt haben? Und welche Vornamen hatten diese Möchtegernputschisten aus dem Reichsland noch gleich? Vielleicht sollte man verschärfter darauf achten, ob all diese Friedrichs und Heinrichs ausreichend in unsere Gesellschaft integriert sind.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.