Youtube-Esoteriker Jo Conrad: Der Schwurbler-Versteher

Jo Conrad produziert in Worpswede Sendungen für seinen Internetkanal „Bewusst TV“. Seine Talk-Gäste sind häufig rechte Verschwörungsideolog*innen.

Jo Conrad

Bezieht sich in seinen Büchern auf die anti­semitischen „Protokolle von Zion“: Jo Conrad Foto: Gabriela Keller

WORPSWEDE taz | Eine freundliche Stimme und ein konzentrierter Blick, im Gespräch schlägt Jo Conrad keine harten Töne an, schiebt keine zynischen Anmerkungen nach oder aggressive Zuspitzungen. Er lässt in seinem Internetkanal „Bewusst TV“ ausreden.

In seinem Studio saßen schon viele alternative Wahrheitssuchende und -verkündende auf den roten Sesseln vor blauem Hintergrund. In Worpswede nahe Bremen, im Künstlerdorf, wie der 65-Jährige mit kurzen grauen Haaren gern betont, befindet sich sein Aufnahmeraum. Mitten im Ort in einem weißen Häuschen gegenüber der Filiale einer Lebensmittelkette.

„Bewusst TV Conrad Bignose Media“ steht am Eingang an einem verrosteten Briefkasten. Im vorderen Raum ist ein Atelier mit Webstühlen und feinen Webstoffen. Den Garten teilt sich das kleine Gebäude mit einem Café im alten Bauernhaus.

Am 7. Januar fand Monika Donner ihren Weg dorthin. Die trans* Frau aus Österreich wollte im Teufelsmoor aus ihrem Buch „Freiheit“ vortragen. Darin, so Conrad, würden die „vielfältigen Manipulationen“ aufgezeigt, wie „wir klein gehalten werden und unsere Freiheiten freiwillig einschränken, wenn die entsprechenden ‚Knöpfe‘ gedrückt werden“. Die „Antifa“ habe den Auftritt jedoch verhindert, berichten beide in der Sendung vom 11. Januar.

Eher beiläufig verbreitet Conrad szeneübliche Unterstellungen, die „jungen Menschen“ der Antifa würden für das Demonstrieren bezahlt werden und bei „Rechts“ nicht unterscheiden. Unwidersprochen lässt er Donner betonen, dass doch „Antifaschisten“ eine „faschistische Wirkung“ erzeugen und eine „Meinungsdiktatur“ mitbewirkten. Conrad selbst verortet sich weder links noch rechts, sondern sagt: „Ich bin vorn.“

Alternative Wahrheiten

Weit vorn liegt die virtuelle Resonanz seiner Sendungen. Seit 2010 betreibt Conrad, der früher eine Show im „Offenen Kanal Bremen“ moderierte, den Videokanal mit den Slogan „Ihr Sender für den Wandel“. Bei Youtube hat er über 74.700 Abonnent*innen, einzelne seiner Sendungen unter dem Titel „Bewusst aktuell“ erreichen über 46.000 Aufrufe. Hier wird er auch mal bei Ausgabe 216 selbst deutlicher, sagt zur Bundesspitze der Grünen, „andere Länder setzten auf künstliche Intelligenz und Deutschland auf natürliche Dummheit“. In Norddeutschland bestehen zudem über 20 „Bewusst-Treffen“.

So sehr Conrad sich als esoterischer Suchender inszeniert, so sehr ist er auch ein Wohlwissender, was im politischen Hintergrund abgeht. Schon 1996 veröffentlichte er das Buch „Entwirrungen“, seinen Besteller. In seinen Büchern bezieht er sich auf den antisemitischen Hetzklassiker „Die Protokolle der Weisen von Zion“. Von einer taz-Kollegin darauf angesprochen, schrieb er ihr später: „Meinungsvielfalt bedeutet auch, abstoßende Meinungen zuzulassen.“ Der Vorwurf des „Antisemitismus“ blockiere „jeden Dialog“.

Im Dialog ist Conrad selbst mit vermeintlichen alternativen Wahrheiten. Keine Verschwörungserzählung, so scheint es, die er nicht online verbreitet – per Interview. Bereits 2014 ließ er einen Holocaustleugner im Studio die paramilitärische „Europäische Aktion“ vorstellen. In Verden besuchte er mit Rechtsextremen einen Prozess gegen Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. 2019 nahm er die „Reichsbürger“-Bewegung in der rechtsextremen Zeitschrift Zuerst! in Schutz.

Am 7. September 2022 war der Reichsideologe Matthes Haug zu Gast in Worpswede. Drei Monate später verortete die Bundesanwaltschaft Haug als Unterstützer der Terrorgruppe „Patriotische Union“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.