Aktenfunde von Joe Biden: Erwartbare Retourkutsche

Die gefundenen Regierungsdokumente in einem früheren Büro Bidens sind mit dem Fall Trump nicht vergleichbar. Trotzdem muss der US-Präsident aufklären.

Portrait

Die Tumpisten schlagen zurück: US-Präsident Joe Biden, hier am Sonntag während seines Besuchs in El Paso Foto: Andrew Harnik/ap

Es ist eine dieser Nachrichten, die monatelangen Stress versprechen: In einem früheren Büro von US-Präsidenten Joe Biden sind Regierungsdokumente aus seiner Zeit als Vizepräsident aufgetaucht. Nach bisherigen Informationen ist der Fall mit den bei Donald Trump per FBI-Razzia beschlagnahmten Dokumenten nicht annähernd vergleichbar. Trotzdem ist schon jetzt klar, dass von republikanischer Seite aus genau das passieren wird.

Natürlich ist vollkommen richtig, dass auch Biden jetzt einige Fragen beantworten muss: Wie kamen die Dokumente überhaupt erst in sein Büro? Warum wurden sie jetzt erst gefunden, Jahre später? Enthielten sie geheime, sicherheitsrelevante Informationen? Waren sie ausreichend gesichert? Und: Wenn die Dokumente bereits am 2. November gefunden wurden, wenige Tage vor den Halbzeitwahlen, ist es dann politisches Kalkül, dass die Angelegenheit erst jetzt an die Öffentlichkeit kommt?

Gut vorstellbar ist, dass es auf all diese Fragen plausible Antworten gibt, die vielleicht auf einen Fehler deuten, aber noch keinen Skandal ausmachen. In der Folge würde die Justiz keine strafrechtlichen Ermittlungen einleiten. Doch spätestens in diesem Moment würden Trump und die neue republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus unabhängig von der Beweislage sehr laut „foul!“ schreien. Sie werden Bidens Justizminister Merrick Garland zweierlei Maß vorwerfen, womöglich einen Untersuchungsausschuss einrichten und damit Trumps Narrativ stärken, die vielen gegen ihn anhängigen Verfahren seien eine politisch motivierte „Hexenjagd“.

Wenigstens zum Teil haben sich die De­mo­kra­t*in­nen selbst zuzuschreiben, dass es den Trumpis­t*in­nen so leicht fallen wird, falsche Gleichsetzungen aufzustellen. Denn im Bestreben, Donald Trump loszuwerden, haben auch sie über die Jahre tatsächlich handfeste und eher kleinere Vergehen gleichermaßen skandalisiert. Was jetzt kommen wird, ist die erwartbare Retourkutsche.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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