Vor den Wahlen in Tschechien: Freispruch für Babiš

Tschechiens Ex-Premier war wegen Erschleichens von EU-Geldern angeklagt. Nun ist er freigesprochen worden – kurz vor den Präsidentschaftswahlen.

Portrait von Andrej Babiš

Will in die Prager Burg: Andrej Babiš, Bewerber ums Präsidentenamt in Tschechien Foto: Petr David Josek/ap

PRAG taz | Freispruch für Andrej Babiš: Nach 15 Verhandlungstagen erklärte das Prager Stadtgericht den ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten und Oligarchen für nicht schuldig.

Dem Milliardär war vorgeworfen worden, sich vor 15 Jahren Fördermittel der Europäischen Union in Höhe von umgerechnet zwei Millionen Euro erschlichen zu haben. Laut Staatsanwaltschaft habe Babiš damals veranlasst, sein Luxusanwesen „Storchennest“ aus dem Portfolio seiner Agrofert-Holding herauszulösen und auf Familienmitglieder zu übertragen, um so an EU-Subventionen für kleine und mittelständische Unternehmen zu gelangen.

Die Ermittlungen dauerten Jahre an, die Akte des Falls enthält etwa 35.000 Seiten. Die Anklage forderte schließlich drei Jahre Haft sowie eine Strafzahlung von umgerechnet knapp 400.000 Euro.

Doch Richter Jan Šott kam zu einem anderen Urteil: “Die Tat, die in der Anklage dargestellt wird, ist keine Straftat“, betonte der Richter zum Abschluss seiner Urteilsverkündung. Die Staatsanwaltschaft habe nicht eindeutig beweisen können, dass das Herumreichen von Aktien um das Storchennest zweckmäßig war.

Einer der drei Favoriten bei der Präsidentschaftswahl

„UNSCHULDIG!“, frohlockte Babiš, der nicht zur Urteilsverkündung vor Gericht erschienen war, sondern seine Gefühle „lieber in seinem Schlafzimmer ausleben“ wollte, nach dem Richterspruch auf Twitter. Später äußerte er sich zum Freispruch bei einer Pressekonferenz: „Ich habe wiederholt erklärt, dass ich nie etwas Illegales getan habe, ich habe nichts gegen das Gesetz verstoßen. Dieser Fall wurde schon immer bei verschiedenen Wahlen verwendet“, sagte er. Babiš bemerkte, dass die ganze Affäre ein großes Trauma für ihn und seine Familie war. Ihm zufolge mussten sie sechs Jahre lang mit der Unwahrheit kämpfen.

Der 68-Jährige hat das Verfahren, das sich seit 2015 hinzog, schon immer als politisch betrachtet: „Es freut mich sehr, dass wir eine unabhängige Justiz haben und dass das Gericht das bestätigt hat, was ich von Anfang an gesagt habe. Nämlich, dass ich unschuldig bin und nichts Illegales getan habe.“

Noch ist das Urteil nicht rechtmäßig, doch dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlegen wird, ist unwahrscheinlich.

Der Freispruch sei eine gute Nachricht für die gesamte Tschechische Republik, erklärte Babiš weiter. Es beweise, dass „wir in einem Rechtsstaat leben“ und „ein Gericht haben, das eine unabhängige Entscheidung getroffen hat“. Vor allem aber bestätige das Urteil seine Version, dass die Causa Storchennest allein durch seinen Einstieg in die Politik bedingt war.

Jeder habe sich seine Meinung über den Fall gebildet, der seit Jahren in der Öffentlichkeit steht, sagte der derzeitige tschechische Ministerpräsident Petr Fiala in seiner Reaktion auf das Urteil. „Das Urteil eines unabhängigen Gerichts muss akzeptiert werden“, meinte Fiala und lobte den Rechtsstaat. „In der Demokratie“, so der Regierungschef, „finden die wahren politischen Kämpfe bei den Wahlen statt, nicht im Gerichtssaal.“

Der politische Kampf geht dieser Tage auf einen weiteren Höhepunkt zu: Schon Ende dieser Woche, am Freitag und Samstag, findet die erste Runde der tschechischen Präsidentschaftswahlen an. Einer der drei Favoriten für das höchste Amt im Staat ist dabei Andrej Babiš.

Sein Freispruch könnte sich auf das Wahlresultat in seinem Sinne auswirken. Denn das Hauptargument seiner Gegner, ein strafrechtlich verurteilter Präsident könne unmöglich im Sinne des Wählers liegen, ist nun hinfällig. Umso mehr wird sich bald auf direktem Weg zeigen, welches Urteil die Wähler Babiš bereiten werden.

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