EU-Bürger:innen im Königreich: Großbritannien braucht neue Regeln

Ein Gericht in London stärkt die Rechte von in Großbritannien lebenden EU-Bürger:innen. Die Regierung will Berufung einlegen.

Luftbild der Stadt London

Viele EU-Europäer:innen leben hier: Die britische Hauptstadt London aus der Luft gesehen Foto: Action Pictures/imago

LONDON taz | Das Vereinigte Königreich darf EU-Bürger:innen, die schon vor dem Brexit im Land lebten, nicht dazu auffordern, eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. So urteilte am Mittwoch das Obergericht von England und Wales (High Court of Justice) in London. Die derzeitige Rechtslage sieht das so vor und stelle damit viele Menschen vor „äußerst schwerwiegende Unsicherheiten“. Außerdem verstoße sie gegen den Austrittsvertrag zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.

Das britische Innenministerium verlangt von allen EU-Bürger:innen, die keine britische Staatsbürgerschaft besitzen, sich beim sogenannten EU-Settlement Scheme anzumelden. Es erlaubt EU-Bürger:innen zwar, sich weiter im Vereinigten Königreich aufzuhalten und dort zu arbeiten, aber es fordert nach fünf Jahren einen weiteren Antrag auf permanentes Bleiberecht.

Die richterliche Untersuchung war vom unabhängigen Aufsichtsamt für Bürgerrechte (Independent Monitoring Authority for the Citizens’ Rights Agreements) in Auftrag gegeben worden. Das Aufsichtsamt ist Teil des Austrittsabkommens mit Zuständigkeit für die Rechte von EU-Bürger:innen im Vereinigten Königreich.

Von den 5,5 Millionen Menschen, die bis zum Juni 2021 eine Aufenthaltserlaubnis beantragten, erhielten 2,8 Millionen EU-Bür­ge­r:in­nen ein sofortiges permanentes Bleiberecht, weil sie bereits über fünf Jahre im Land waren. 2,3 Millionen weitere An­trag­stel­le­r:in­nen erhielten den sogenannten Pre-Settled Status, durch den sie permanentes Bleiberecht erst nach fünf Jahren beantragen können und müssen.

Richter: Unfaire Hürden aufgebaut

Im Vereinigten Königreich lebende EU-Bürger:innen, die dem nicht nachkommen können, riskieren, sich ohne Neuregistrierung illegal im Land aufzuhalten. Die Gruppe The3Million, welche sich für die Rechte von EU-Bürgerinnen im Vereinigten Königreich einsetzt, argumentierte, dass dies insbesondere die vulnerablen unter den EU-Bürger:innen gefährden könnte und zur Verweigerung ihrer Gesundheitsversorgung, Sozialunterstützung oder ihrer Wiedereinreise nach einem Auslandsaufenthalt führen könnte.

Das erste Mal könnten diese Folgen im August 2023 eintreten, wenn die fünf Jahre der ersten bereits 2018 registrierten Personen ablaufen. Am Mittwoch urteilte Richter Peter Lane in London, dass die britische Regierung durch ihre Verordnung EU-Bürger:innen, die sich permanent im Vereinigten Königreich aufhalten wollen, unfaire Hürden in den Weg gestellt habe. Das Innenministerium unterliege einem rechtlichen Irrtum, denn EU-Bürger:innen könnten ihren Aufenthaltstitel eigentlich nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen verlieren, etwa wenn sie sich innerhalb der fünfjährigen Periode nicht durchgehend im Vereinigten Königreich aufgehalten haben.

Das britische Innenministerium gab an, es sei vom Urteil enttäuscht und beabsichtige, dagegen Berufung einzulegen. Das Verfahren für EU-Bürger:innen sei sogar über das absolut Notwendige hinaus gegangen. Man nehme die Absicherung der Rechte von EU-Bürger:innen im Vereinigten Königreich jedoch äußerst ernst, sagte Lord Simon Murray, ein Staatssekretär des Inneren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.