Verfassungsfeinde in den Behörden: Grüne Härte beim Disziplinarrecht

Innenministerin Nancy Faeser will extremistische Beamte leichter aus dem Dienst entfernen. Den Grünen gehen die Pläne nicht weit genug.

Ein Polizeihubschrauber landet

Ein Hubschrauber der Bundespolizei nach der Razzia in der Reichsbürgerszene im Dezember 2022 Foto: Uli Deck/dpa

BERLIN taz | Nach der Reichsbürger-Großrazzia im Dezember, bei der auch die AfD-Politikerin und Richterin Birgit Malsack-Winkemann und ein Polizist festgenommen wurden, sollte es schnell gehen. Noch vor Weihnachten legte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) einen Gesetzentwurf für ein schärferes Disziplinarrecht vor: Extremistische Beamte sollen so schneller aus dem Dienst entfernt werden. Auch Justizminister Marco Buschmann (FDP) signalisierte Zustimmung. Doch nun melden die Grünen nochmal Redebedarf an.

Mit ihrem Gesetz will Faeser, dass beschuldigte Beamte, statt langwierige Disziplinarklagen zu durchlaufen, von Behörden direkt suspendiert oder entlassen werden dürfen – die Entscheidung würde erst im Nachgang von Gerichten geklärt. Zudem soll eine Verurteilung für Volksverhetzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr, bereits zum Verlust der Beamtenrechte führen.

Dem Grünen-Innenexperten Marcel Emmerich reicht das nicht. „Die Vorschläge aus dem Innenministerium gehen in die richtige Richtung, doch es gibt noch Nachschärfungsbedarf“, sagte er der taz.

So gehörten, neben Volksverhetzung und bestehenden Delikten wie Hochverrat oder Bestechlichkeit, weitere Straftatbestände in das Gesetz: das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Vereinigungen sowie die Unterstützung oder Bildung einer terroristischen Vereinigung. „Auf Straftaten, die das Grundvertrauen in den Staat offensichtlich schwer erschüttern, muss die sofortige Entfernung aus dem Dienst erfolgen“, so Emmerich.

Faeser bleibt zurückhaltend

Zudem fordern die Grünen ein sofortiges Entfernen aus dem Dienst, wenn Betroffene Mitglieder verbotener Parteien oder Vereinen waren. Eine solche Mitgliedschaft sei nicht kompatibel mit einem Beamtenverhältnis, so Emmerich. Statt hier wie bisher individuell einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht nachweisen zu müssen, sollte dies „automatisch“ zum Dienstende führen.

Schließlich wollen die Grünen auch die Fristen ausweiten, um auch länger zurückliegende Dienstvergehen noch ahnden zu können. Statt Fristen von bisher zwei bis sieben Jahren sollen diese auf fünf bis zehn Jahre verlängert werden. Dies sei nötig, „da ein verfassungsfeindliches Weltbild oft erst durch die Summe einzelner Aussagen und Taten so eindeutig und schwerwiegend wird, dass es disziplinarrechtlich konsequent geahndet werden kann“, so Emmerich.

Faesers Ministerium verwies angesichts der Forderungen nur darauf, dass der Gesetzentwurf noch zwischen Ministerien abgestimmt werde. Es sei daher offen, ob und welche weiteren Punkte in das Gesetz einfließen, so eine Sprecherin. Sie mahnte aber auch, durch weitere Aspekte die zügige Verabschiedung des Gesetzentwurfs nicht zu gefährden.

Zwischen den Ministerien läuft noch bis Ende der Woche die Stellungnahmefrist zu dem Gesetz. Das Justizministerium äußerte sich nicht dazu. Buschmann erklärte aber bereits, er unterstütze das Vorhaben. Staatsfeinde müssten aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden – dies erfordere aber „höchste rechtliche Standards“.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Schnellahndungen bereits 2020 abgesegnet, die in Baden-Württemberg seit Jahren praktiziert werden. Faeser erklärte, man werde nicht zulassen, dass der Rechtsstaat „von innen heraus von Extremisten sabotiert wird“. Das schulde man auch den ganz überwiegend verfassungstreuen Bediensteten.

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