Abbremsen der Inflation: Von Weimar lernen

Die Inflation geht leicht zurück, ist aber weiter viel zu hoch. Was tun? Das Hyperinflationsjahr 1923 hat einige Lehren parat.

EZB im letzten Tageslicht, die Lichter spiegeln sich im Main

Europäische Zentralbank im Frankfurt Foto: Boris Roessler/dpa

Natürlich wirft das aktuelle, hunderste Jubiläum des Hyperinflationsjahrs 1923 ein eigenes Licht auf die derzeitige Geldentwertung. Die Geschichte hat zudem Lehren fürs Heute und die derzeitige Rekordinflation parat: Eine wichtige direkte Folge der Billionen-Preise in den chaotischen 20ern des vergangenen Jahrhunderts war, dass die damalige Reichsbank – ebenfalls vor 100 Jahren – unabhängig von politischen Weisungen wurde. Wie Bundesbank und Europäische Zentralbank bis heute.

Deshalb ist klar, dass die EZB wegen der Inflation weiter die Leitzinsen anheben wird – selbst wenn den Regierungen der Eurozone das nicht schmeckt, weil hohe Zinsen die Konjunktur abkühlen, was Arbeitsplätze kostet. Also wird die Notenpresse nicht angeworfen, die EZB denkt für 2023 über drei weitere Zinsschritte nach und schrumpft ihre riesigen Anleihenbestände. Denn, auch dies eine Lehre von 1923: Europas Währungshüter sind der Stabilität des Geldwerts verpflichtet, nicht einer stabilen Konjunktur.

Zwar hat die EZB zu spät gehandelt – und hebt die Zinsen weiter zögerlich an. Trotzdem hat sie Glück gehabt. Die Inflationszahlen für Dezember zeigen deutliche Bremsspuren – und leiten wohl eine Kehrtwende ein. Die Urheber sind erstens der Bund, der den Dezember-Abschlag beim Gas übernommen hat. Und zweitens der niedrigere Ölpreis, der Sprit und Heizöl vergünstigt hat. Außerdem die Aufwertung des Euro, die zu billigeren Importen in die Euro-Zone führte. Hier haben die höheren EZB-Zinsen zu einer Erholung des Euro gegenüber dem Dollar geführt.

Noch aber ist die Inflation viel zu hoch. Wie lange noch, hängt vor allem von den Energiepreisen ab. Immerhin fallen diese seit Oktober tendenziell. Deshalb rechnen viele AugurInnen damit, dass sich die Geldentwertung 2024 wieder in Richtung des EZB-Ziels von 2 Prozent bewegt. In diesem Jahr wird es vorerst weiter teurer – weiter wird der Staat vielen unter die Arme greifen müssen. Auch dies eine Lehre aus den Krisen der Weimarer Republik.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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