Streit um EU-Gaspreismechanismus: Deckel ohne Wert

Der EU-Gipfel einigt sich auf einen Gaspreisdeckel mit zweifelhaftem Nutzen. „Ich hoffe, dass er niemals relevant wird“, sagt Bundeskanzler Scholz.

Portrait von Olaf Scholz

Nur nicht die Balance verlieren: Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag in Brüssel Foto: Zheng Huansong/XinHua/dpa

BRÜSSEL taz | Im Streit über einen europäischen Gaspreisdeckel, der Bürger und Unternehmen vor exzessiven Energiekosten schützen soll, zeichnet sich ein paradoxes Ergebnis ab. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte beim EU-Gipfel in Brüssel, dass er mit einem „sehr guten Ergebnis“ rechne. „Der Preis wird allerdings so hoch sein (…), dass ich hoffe, dass er niemals relevant wird“, fügte der SPD-Politiker hinzu.

Ein Deckel, der nicht genutzt wird, kann auch keine Preise senken. Genau dieses Ziel verfolgen jedoch 15 EU-Staaten, die seit Monaten auf ein gemeinsames Preislimit drängen. Sie wollen verhindern, dass der hochspekulative Gasmarkt erneut übers Ziel hinausschießt. Dies war zuletzt im Sommer geschehen; die Verbraucher in Europa zahlen nun – mit einiger Verzögerung – die Quittung.

Es könnte kontrovers werden

Beim EU-Gipfel am Donnerstag war dazu noch keine Einigung gelungen. Die Staats- und Regierungschefs sprachen zwar über Regeln für den Gasmarkt, klammerten jedoch das wichtigste Detail aus: die Höhe des Preisdeckels. Darüber soll nun am Montag Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel entscheiden. Es könnte kontrovers werden.

Die Preisvorstellungen liegen nämlich noch sehr weit auseinander. Den „fanatischen vier“ Italien, Belgien, Griechenland und Polen schwebt ein Preis von 160 Euro je Megawattstunde vor. Zu einem höheren Preis soll das Gas, das am Großhandelsplatz TTF verkauft wird, nicht mehr angeboten werden dürfen. Im Gespräch ist nun eine weniger drastische Linie von 180 bis 220 Euro. Deutschland will höher gehen: mindestens 220 Euro sollten es schon sein. Derzeit liegt der Marktpreis allerdings bei rund 133 Euro. Der Deckel wäre also in weiter Ferne.

„Trigger-Mechanismus“ soll restriktiv sein

Doch das ist nicht der einzige Streitpunkt, den es noch zu klären gilt. Deutschland will auch den sogenannten Trigger-Mechanismus möglichst restriktiv gestalten – eben damit der Deckel „niemals relevant wird“, wie Scholz sagt. So soll nicht ein einmaliges, kurzzeitiges Überschreiten des Preislimits ausreichen. Außerdem soll der Unterschied zum Weltmarktpreis eine Rolle spielen.

Wenn Flüssiggas überall teuer ist, dann könne man den Deckel leider nicht anwenden, heißt es in Berlin. Auch bei drohenden Versorgungsengpässen soll das Preislimit nicht gelten. Das Ziel sei es, immer ausreichend Flüssiggas in Europa zu haben. Letztlich will sich Deutschland die Möglichkeit sichern, Flüssiggas meistbietend zu kaufen – wie auf dem Höhepunkt der Gaskrise im Sommer. Seit Monaten wehrt sich die Bundesregierung gegen den Deckel, weil für sie Versorgungssicherheit Priorität hat. Sie befürchtet, dass die Preisgrenze Gaseinkäufe erschweren könnte.

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