Pannen beim Puma: Panzer auf dem Prüfstand

Möglich, dass Lambrecht dem Puma absagt. Die Bundeswehr sollte dann auf weniger komplexe, dafür aber funktionstüchtige Waffensysteme umsteigen.

Verteidigungsministerin Lambrecht vor einem Panzer

Mist, Weihnachten fällt aus! Verteidigungsministerin Lambrcht vor einem Puma Foto: Ulrich Baumgarten/getty images/picture alliance

Für einige Leute in Deutschland fällt Weihnachten aus. Nach der neuen Panzerpanne der Bundeswehr heißt es für Personal aus Militär, Ministerium und Industrie in diesem Jahr durcharbeiten. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht erwartet bis Silvester einen Bericht über die Schäden am Schützenpanzer Puma. Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, die die Panzer gemeinsam gebaut haben, wollen sie eine Woche später sogar schon repariert haben.

Beide Seiten kämpfen mit den Ankündigungen um das eigene Ansehen: Lambrecht steht ein Jahr nach Amtsantritt ohnehin in der Kritik. Das letzte, was sie jetzt noch braucht, ist ein Skandal um den Puma. Die Rüstungskonzerne bangen darum, ob überhaupt noch mal jemand bei ihnen einen Schützenpanzer bestellen wird.

Die Angelegenheit scheint alles, was in den letzten 20 Jahren deutscher Rüstungsprojekte schiefgelaufen ist, noch einmal als Farce zusammenzufassen – und das ausgerechnet in dem Augenblick, in dem die Ampel beginnt, die ersten Milliarden ihres Sondervermögens auszugeben. Allerdings müssen sich Lambrecht und die Ampelkoalition diese Pannengeschichte nicht ankreiden lassen.

Die ersten Puma-Verträge schloss einst die Regierung unter Gerhard Schröder ab. In den folgenden Jahren redeten wechselnde Verteidigungsminister mit. Ein neuer, hochmoderner Schützenpanzer sollte es werden mit allerhand Spezialeigenschaften, die ihn auf dem Papier zu einer hervorragenden Waffe machten, in der Praxis aber nie funktionieren ließen und noch dazu besonders teuer machten.

Massmanagement und Verschwendung

Die Probleme sind so hartnäckig, dass sie selbst durch eine Generalüberholung von bisher 40 Fahrzeugen offenbar nicht beseitigt werden konnten. 18 Pumas aus dieser für viel Geld modernisierten Fuhre fielen jetzt während einer Übung allesamt aus. Wer trotz dieser Leidensgeschichte noch immer vom Kaputtsparen der Bundeswehr vor dem Ukrainekrieg spricht, verkennt, welchen Anteil Missmanagement und Verschwendung am schlechten Zustand der Armee haben.

Leider zieht trotzdem das von linker Seite gerne im Umkehrschluss verwendete Argument nicht, dass mehr Geld für die Bundeswehr wirklich nicht nötig sei, sondern sich die Verantwortlichen im Beschaffungswesen einfach mehr Mühe geben sollten. Unabhängig von den Ursachen steht Deutschland im Ergebnis schließlich mit militärischen Lücken da, die man sich nicht leisten sollte, wenn in der Nachbarschaft der riskanteste Krieg seit Jahrzehnten tobt.

Es ist fraglich, ob der Verteidigungshaushalt wirklich auf Dauer signifikant wachsen muss. Das wird sich besser einschätzen lassen, wenn hoffentlich früher als später klar ist, in welchem Zustand Russland und sein Militär aus dem Ukrainekrieg herauskommen. Auf keinen Fall aber kann man die bestehenden Lücken auffüllen, ohne sich als notwendige Bedingung zumindest einmal finanziell zu strecken.

Insofern war es nachvollziehbar, dass die Ampel in diesem Jahr 100-Milliarden-Euro-Kredite für das Militär aufgenommen hat. Nur sollte dieser Schuss jetzt eben sitzen. Dafür könnten Entscheidungen nötig werden, die auf den ersten Blick richtig schwer zu vermitteln sind.

Erstmal alles stoppen

Es ist vernünftig, dass Lambrecht in ihrem Tatendrang diese Woche erst einmal auf die Bremse getreten hat: Solange die Ursachen der Puma-Pannen nicht identifiziert und beseitigt sind, will sie kein weiteres Geld mehr in den Schützenpanzer stecken. Die Modernisierung weiterer Pumas, die sie sich vergangene Woche erst vom Bundestag hat genehmigen lassen, gibt sie vorerst nicht in Auftrag. Den Kauf weiterer Exemplare, der für nächstes Jahr angedacht war, stellt sie in Frage.

Das heißt konsequent zu Ende gedacht aber auch: Stellen sich die Probleme als zu komplex heraus, um sie jetzt wirklich in absehbarer Zeit zu beheben, hat keiner der 350 Bundeswehr-Pumas eine Zukunft. Die für Milliarden angeschafften Panzer wären ein Fall für den Schrottplatz, bevor sie auch nur einmal außerhalb des Übungsplatzes zum Einsatz kommen konnten.

Ein anderes Modell müsste dann her, ausgewählt nach dem Prinzip, auf das die Ampel bei anderen Neubeschaffungen schon umgeschwenkt ist: Keine komplexen Neuentwicklungen, sondern Waffensysteme, die vielleicht ein paar Funktionen weniger haben, dafür aber erwiesenermaßen funktionieren, weniger kosten und auf dem Markt verfügbar sind.

Dieser Weg könnte schneller zum Ziel führen und auf Dauer weniger kosten als eine endlose Hängepartie mit dem Puma. Kurzfristig wäre ein kompletter Austausch der gesamten Schützenpanzer-Flotte aber teuer – und das bisher beschlossene Sondervermögen ist eigentlich anderweitig verplant.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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