Spannungen mit China: Taiwan verlängert die Wehrpflicht

Aus Sorge vor China verlängert die Regierung in Taipeh die Pflichtdienstzeit für Männer beim Militär. Statt vier beträgt sie nun zwölf Monate.

Uniformierte mit Waffen bei der Ausbildung

Müssen jetzt länger zum Militär: Rekruten in Taiwan bei der Ausbildung Foto: Chiang Ying-ying/ap

TAIPEH taz | Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen hat im Rahmen eines Treffens des nationalen Sicherheitsrats am Dienstag die Verlängerung der Wehrpflicht von vier auf zwölf Monate verkündet. Im Zuge der Reform soll auch die Kampfausbildung mit modernen Waffen ausgeweitet werden. So sollen Soldaten unter anderem darin geschult werden, Flugabwehrraketen einzusetzen.

Zudem werde jeder Rekrut im Laufe seines Wehrdienstes „nicht weniger als 800 Schuss“ scharfe Munition abfeuern. Der Monatssold erhöht sich von umgerechnet 200 Euro auf 800 Euro pro Monat.

Auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Taipeh erklärte Tsai, China bedrohe den Frieden in der Region. Die Reform des Wehrdienstes sei daher ein „unvermeidlicher Schritt, um das dauerhafte Überleben Taiwans zu sichern.“

Außerdem verwies die Präsidentin auf die nun seit mehr als 300 Tagen andauernde russische Invasion in der Ukraine: „Unser freiheitsliebendes Volk ist tief berührt davon, wie die Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land verteidigen.“

Im Jahr 2013 wurde die Pflichtdienstzeit verkürzt

Taiwans vorherige Regierung unter der nationalistischen Kuomintang (KMT) hatte die Pflichtdienstzeit 2013 von einem Jahr auf vier Monate verkürzt – mit dem übergeordneten Ziel, die Landesverteidigung überwiegend auf Basis einer Berufsarmee zu organisieren. Diese Reform macht Tsai mit ihrer Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) nun rückgängig.

Bei der KMT-Führung stößt dies im Hinblick auf die „Änderung der äußeren Sicherheitslage“ sogar auf verhaltene Zustimmung. Gleichzeitig fordert die KMT, die Besoldung von Rekruten weiter zu erhöhen und die Ausrüstung der Armee zu verbessern.

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums kritisierte die Verlängerung des Wehrdienstes am Mittwoch vor Journalisten in Peking. Die Wiedervereinigung Taiwans und Festlandchinas sei weiter „der gemeinsame Wille des chinesischen Volkes“. Die Mehrheit der Menschen in Taiwan verstünden dies und würden nicht als „Kanonenfutter für die Verfechter der taiwanesischen Unabhängigkeit“ herhalten, so der Sprecher.

Jüngsten Meinungsumfragen zufolge befürworten jedoch knapp drei Viertel der Tai­wa­ne­r*in­nen die jetzt verkündete Reform und erklärten, sie würden selbst das Land gegen eine militärische Invasion verteidigen.

Laut Paul Huang von der Taiwanese Public Opinion Foundation ist die Zustimmung für die Verlängerung des Militärdienstes mit rund 35 Prozent jedoch am niedrigsten in der Altersgruppe von 20 bis 24, in der viele Männer von der Wehrdienstverlängerung betroffen sind. China hatte erst wieder am Montag in der Taiwanstraße mit 47 Militärflugzeugen gezeigt, dass es die Eroberung der Insel vorbereitet.

Durch die Reform des Pflichtwehrdienstes wird sich Taiwans Truppenstärke von derzeit 165.000 Mann um 60.000 bis 70.000 erhöhen. Die Verlängerung des Wehrdienstes tritt Anfang 2024 in Kraft.

Entgegen einigen Forderungen aus der Gesellschaft müssen auch künftig nur Männer Wehrdienst leisten. Gegen Wehrpflichtige, die den Dienst an der Waffe verweigern, können Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verhängt werden. Es gibt in der Praxis jedoch meist lediglich Geldstrafen.

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