Weihnachts-„Tatort“: Downton Abbey ist nicht in München

Der Weihnachts-Tatort aus München ist ein Kostümfest im Stile englischer Landadligen-Filme. Doch der Spaß misslingt, weil es bei der Klamotte bleibt.

Francis Lightmyer und Constable Ivor Patridge schauen sich zweifelnd an, beobachtet von zwei Männern und einer Frau in Abendgarderobe in einem Salon

Wahrlich das beste an dieser „Tatort“-Folge: Batic und Leitmayer haben auch null Bock darauf Foto: Hendrik Heiden/BR

Wissen Sie noch, Weihnachts-„Tatort“-Event 2015? Das war „Wer bin ich?“ mit Ulrich Tukur, eine derart alles überstrahlende Metafolge, dass sogar zwei ausführliche Rezensionen nötig wurden; einmal davor, einmal danach. Seit 2015 eine Referenzgröße, an der sich alle Sonntagabendkrimis messen lassen müssen.

Die ARD brachte in jenem Jahr über die Feiertage noch ganze drei weitere „Tatort“-Premieren, darunter auch ein Til-„Nick Tschiller“-Schweiger-Ding, sie versendeten sich alle ganz fix. Aber Ende 2015, das wird immer ein Murot-Hochmoment bleiben.

Seither ist die ARD wieder der traditionellen Meinung, man solle die Zeit lieber mit der Familie verbringen, Hausmusik, Rommé spielen, so was in der Art. Letztes Jahr glitzerte Udo Lindenberg in einer „Lindholm“-Folge. Und heuer am 2. Weihnachtsfeiertag, ach, lassen wir’s.

Dabei hat der Bayerische Rundfunk wirklich alles aufgefahren, was nach Event und Weihnachten aussieht. Ein Krimidinner. Im anglifizierten Downton-Abbey-Setting. „Detective Chief Inspector Francis Lightmyer“. Ja, so habe ich auch geguckt.

Den Fall beim Essen lösen

„Mord unter Misteln“ also, mit Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl). Eingeladen bei Kalli, dem Assistenten (Ferdinand Hofer), rund um den Tisch andere aus der Polizeibehörde, die wir alle noch nie gesehen haben, die Kommissare offenbar eben sowenig. Alle sind verkleidet als altenglische Ladys und Butlers und Reverends, weil: Krimidinner. Weihnachtsfeier.

München-„Tatort“: „Mord unter Misteln“, So., 20.15 Uhr, ARD

Batic und Leitmayer sitzen also beim Essen und müssen zur Unterhaltung einen Fall lösen: Der Butler fiel tot um, das Teetablett mit ihm. Nur, dass das Ganze (Buch: Robert Löhr, Regie: Jobst Oetzmann) nicht nur an der gedeckten Tafel einer Münchner Wohnung inszeniert ist, sondern als sei es wirklich eine dieser Historienserien auf britischem Landschloss. Angeklebter Bart inklusive.

Wahrlich das beste an dieser „Tatort“-Folge: Batic und Leitmayer haben auch null Bock darauf. Sie bruddeln nonstop. (Falls sich das überregional nicht übersetzt: einsilbiges Genervtsein, Motzgeräusche, Augenrollen.) Und sie sind auch voneinander derart angekäst, wie es spätestens am 2. Weihnachtsfeiertag vielen gehen mag, schauen Sie mal nach rechts und links. Falls sie nicht schon am 25. vor dem Mittagessen wieder abgehauen sind, ähm.

Mag sein, dass der BR sein Ermittlerduo für seinen 90. Fall würdigen wollte. Aber diesen Trutschkram haben die Münchner wirklich nicht verdient. Wer Lust auf altenglische Krimistimmung hat, an der dieser Film sogar als Parodie scheitern würde, zieht sich besser gleich „16 Uhr 50 ab Paddington“ aus dem Bücherregal.

Und wer die Münchner mag und auch schon die letzte Folge der beiden – das war noch vor der Sommerpause – mau fand, kramt die VHS-Kassette mit „Frau Bu lacht“ raus. Hat Vaddern doch sicher noch irgendwo. Unter Schichten aus 27 Jahren Staub. Ach, ausmisten könnte man auch mal.

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