Zukunft der Linkspartei: Wunsch nach Neuausrichtung

Am Samstag beraten „progressive Linke“ über die Zukunft der Linkspartei. Zentral dürfte der Bruch mit dem Wagenknecht-Flügel werden.

Ein roter Luftballon der Linkspartei fliegt in einen bewölkten Himmel

Bald kaputt? 2009 gehörten der Partei mehr als 78.000 Menschen an, heute sind es nur noch 56.000 Foto: Stefan Boness/Ipon

BERLIN taz | Es ist ein Rettungsversuch. „Es geht um nicht mehr und nicht weniger, als darum zu kämpfen, dass es die Linke auch in Zukunft noch gibt“, sagt der Ex-Bundestagsabgeordnete Thomas Nord, einer der In­itia­to­r:in­nen des „Treffens progressiver Linker in und bei der Partei Die Linke“, das am Samstag in Berlin stattfindet. Auf der Tagung wollen Bundes-, Landes-, Europa- und Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r:in­nen der Partei darüber beraten, wie der dramatische Abwärtstrend gestoppt werden kann.

Keine Frage, um die Partei ist es nicht gut bestellt: Zermürbt von heftigen innerparteilichen Grabenkämpfen, verliert sie massiv an Mitgliedern. Auf ihrem Höhepunkt 2009 gehörten der Partei noch mehr als 78.000 Menschen an, inzwischen sind es gerade mal noch rund 56.000. Ein zentraler Grund für den problematischen Zustand: Die Unfähigkeit der Partei- und der Unwillen der Fraktionsführung, den Konflikt mit den „linkskonservativen“ Positionen von Sahra Wagenknecht und ihrem Anhang zu klären, lässt viele ratlos zurück, wofür die Linkspartei eigentlich noch steht. Die Folge: In bundesweiten Umfragen rangiert sie nur noch zwischen 4 und 5 Prozent.

In manchen westlichen Ländern weisen die Umfragen mittlerweile nicht einmal mehr einen messbaren Zuspruch auf. Gleichzeitig kann die Schwäche im Westen nicht mehr durch gute Ergebnisse in den ostdeutschen Ländern kompensiert werden, weil dort – mit Ausnahme Thüringens – der Wäh­le­r:in­nen­zu­spruch ebenfalls rückläufig ist.

„Eine linke Partei, die nicht als solche erkennbar ist, wird nicht gewählt, verschwindet in der Bedeutungslosigkeit“, warnt der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin. „Deshalb brauchen wir die Entscheidung, welchen Weg wir gehen: weiter zu einer progressiven Linken, in der Menschenrechte und soziale Rechte unteilbar sind, oder hin zu einer national-populistischen Partei, die Minderheitenrechte verächtlich macht, Lohnabhängige gegen Klimabewegte, queere Menschen und Mi­gran­t:in­nen ausspielt“, sagte er der taz. Auch Beutin gehört zu den Ein­la­de­r:in­nen des Treffens.

„Selbstzerstörerische Beliebigkeit“

Eine zentrale Rolle bei dem Event dürfte eine Abrechnung mit dem Politikansatz Wagenknechts sein. Ihr „Linkskonservatismus“ – eine Eigenbeschreibung aus ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ – grenze sich fatalerweise „offensiv von sozialen, antifaschistischen Bewegungen und solchen gegen Diskriminierungen, von linker Organisierung in Gewerkschaften, konkreter Solidarität und Internationalismus ab“, heißt es dazu in einem der taz vorliegenden Entwurf für eine gemeinsame Erklärung, die am Samstag verabschiedet werden soll.

Um Missverständnissen vorzubeugen, betonen die Ver­fas­se­r:in­nen, dass sich die Kritik an Wagenknecht und ihrem Anhang in keiner Weise gegen gewerkschaftlich organisierte oder kapitalismuskritische, internationalistische Linke richte: „Ganz im Gegenteil, wir sehen sie als Bünd­nis­part­ne­r:in­nen einer zukunftsfähigen Linken.“

Es bedürfe einer Grundverständigung der konstruktiven Strömungen in der Partei auf eine neue politische Erkennbarkeit, fordert Thomas Nord. Denn die derzeitige Koexistenz unvereinbarer Positionen in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen führten zu einer „selbstzerstörerischen Beliebigkeit“, so Nord zur taz.

Seine Schlussfolgerung: „Wir brauchen einen Bruch mit dem von einigen, auch bekannteren Parteimitgliedern vertretenen sozialkonservativen Nationalpopulismus.“ Er hoffe, dass die Versammlung ein Zeichen in diese Richtung werde setzen können.

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