Siegerentwurf für den Jahnsportpark: Es bleibt nur ein rotes Band

Im Wettbewerb für den Jahnsportpark ist die Entscheidung gefallen: Das Stadion wird mit der markanten Tribüne abgerissen und neu gebaut.

Entwurf des neuen Stadions

Die Plaza erschließt Stadion und Sportpark Foto: O+M Architekten/Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

BERLIN taz | Zehn Jahre ist es nun her, dass auf der Architekturbiennale in Venedig die Themen „Reduce“, „Reuse“ und „Recycle“ diskutiert wurden. In Berlin dagegen wird weiter munter abgerissen, statt den Bestand zu ertüchtigen. Jüngstes Beispiel ist der Jahnsportpark in Prenzlauer Berg. Seit diesem Donnerstag steht fest: Das alte Stadion wird zugunsten eines Neubaus abgeräumt. Auf dem größten innerstädtischen Sportgelände der Stadt soll dann ein inklusiver Sportpark entstehen.

Für die Tabula-rasa-Lösung hat sich die Jury des Wettbewerbs zum Jahnsportpark entschieden. „Das Thema der Inklusion war fǘr uns von entscheidender Bedeutung“, sagte der Jury-Vorsitzende Uwe Schröder bei der Präsentation des Siegerentwurfs am Donnerstag.

Zwar hätten drei der 15 eingereichten Entwürfe teilweise einen Erhalt des Bestandes vorgesehen. Diese Entwürfe aber hätten die „Frage der Inklusion“ nicht vollständig beantworten können, so Schröder. „Jede Entscheidung für den Erhalt wäre eine Entscheidung gegen die Inklusion gewesen.“

Der Entwurf des Büros O+M Carsten Otto und Christian Müller Architekten sieht dagegen den Totalabriss des Jahnstadions vor, das einst für die Weltjugendfestspiele 1951 entstand. Einzige Reminiszenz soll ein rotes Band entlang des neuen Stadiondachs sein. Auch die weithin sichtbaren Flutlichtmasten blieben erhalten.

Im kommenden Februar soll das Wettbewerbsergebnis ausgestellt werden. Zeit und Ort wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch bekanntgeben.

Der Umbau des Jahnsportparks nach dem Entwurf von O+M Architekten und LOR Landschaftsarchitekten wird in mehreren Bauabschnitten stattfinden. Ende 2024 wird mit dem Abriss des Stadions begonnen. Danach wird das neue Stadion gebaut. In einem dritten Bauabschnitt wird dann der neue Sportpark sukzessive gebaut.

An diesem Zeitplan gibt es auch Kritik. Der grüne Abgeordnete Andreas Otto hätte sich gewünscht, dass mit der Ertüchtigung der bisherigen Sportstätten für den Freizeitbereich begonnen wird. Unklar ist auch noch, ob der Kostenrahmen von 97 Millionen Euro realistisch ist. Er basiert auf dem Preisindex von 2019. (wera)

Dafür sollen alle Plätze für Rollstuhlfahrer zugänglich werden. Möglich ist das durch den Bau zahlreicher Rampen, die nicht nur das Stadion, sondern auch die anderen Einrichtungen auf dem Gelände erschließen. „Diese Rampen“, sagt Architekt Carsten Otte, „sind das architektonische Leitmotiv unseres Entwurfs.“

Viele Jahre Streit

Mit der Entscheidung der Jury für O+M Architekten geht eine langjährige Auseinandersetzung um Abriss oder Erhalt des Jahnstadions zu Ende. Zahlreiche Proteste der Bürgerinitiative Jahnsportpark und auch ein Werkstattverfahren konnten den Abriss am Ende nicht verhindern. Einzig der aufgeschüttete Hügel am Mauerpark konnte gerettet werden.

Entsprechend ernüchtert zeigte sich am Donnerstag Philipp Dittrich von der Bürgerinitiative, der selbst an der Sitzung der Jury teilgenommen hatte. „Aus der Auslobung zum Wettbewerb war schon herauszulesen, dass der Erhalt des Stadions keine Herzensangelegenheit war“, sagte Dittrich der taz. „Die Erfahrung zeigt, dass bei den meisten Wettbewerben, bei denen diese Frage offen bleibt, am Ende der Abriss steht.“ Er selbst trauere am meisten der Haupttribüne nach.

„Berlin bekommt nicht nur ein neues, inklusives Stadion“, freute sich dagegen der Staatssekretär für Bauen und Wohnen, Christian Gaebler (SPD), zu Beginn der Präsentation. „Der Sportpark wird auch um zahlreiche neue Sportanlagen ergänzt.“ So solle ein „Begegnungsraum zwischen Zuschauenden, Sportlerinnen und Sportlern sowie Freizeitsportlerinnen und Freizeitsportlern“ entstehen.

Tatsächlich ist das städtebauliche Konzept, das dem Entwurf von O+M Architekten zugrunde liegt, so einfach wie überzeugend. Mit einer „Plaza“ genannten Nord-Süd-Achse wird nicht nur der Eingang zum neuen Stadion erschlossen, sondern auch ein Begegnungszentrum sowie ein Funktionsgebäude. „Die Plaza verknüpft das ganze Areal mit der Stadt und ist ein Angebot an die Bewohner der Stadt“, sagte Architekt Otte, der von einem „Raum für alle“ spricht. Außerdem soll ein sogenannter Skywalk rund um das Stadiondach zu einem „neuen Identifikationsmerkmal“ werden.

Auch Philipp Dittrich von der Bürgerinitiative lobte das Konzept. Vor allem freut er sich über den Erhalt der Sportwiese. „Außerdem sollen beim Siegerentwurf nur 100 statt wie vorgesehen 300 Bäume gefällt werden“, sagte Dittrich der taz.

Offen ist bislang, wo die Flutlichtmasten stehen werden, die selbst nicht mehr zur Beleuchtung des Stadions gebraucht werden. Der Siegerentwurf schlägt vor, die vier Masten entlang der Plaza aufzustellen. BI-Vertreter und Juror Dittrich gibt allerdings zu bedenken, dass die Fundamente viel Platz bräuchten. Ihm zufolge würde es auch reichen, wenn zwei der Masten auf dem Hügel auf der Westseite des Stadions stehen blieben.

Nach der Entscheidung solle es nun „zügig vorangehen“, kündigte Staatssekretär Gaebler an. Ende 2024 soll mit dem Neubau begonnen werden. Die Bauzeit soll zweieinhalb bis drei Jahre dauern. „Die Baudurchführung soll bis Ende 2027 abgeschlossen sein und weitgehend bei laufendem Sportbetrieb durchgeführt werden“, heißt es in der Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Der Kostenrahmen soll 97 Millionen Euro betragen.

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