Linke über rechte Staatsstreichpläne: „Müssen ein AfD-Verbot prüfen“

Eine Ex-AfD-Abgeordnete soll an Plänen für einen rechten Putsch beteiligt sein. Martina Renner (Linke) fordert Konsequenzen – nicht nur im Disziplinarrecht.

AfD-Fraktion im Bundestag

Verdächtig, aber auch illegal? Die Fraktion der AfD im Bundestag Foto: dpa

taz: Frau Renner, nachdem eine Ex-AfD-Abgeordnete an Staatsstreichplänen beteiligt sein soll, sind Sie für ein AfD-Verbot?

Martina Renner: Ich bin dafür, dass wir darüber sprechen, ob die juristischen und politischen Voraussetzungen dafür vorliegen, ein AfD-Verbot in Angriff zu nehmen.

55, ist innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag. Ihr Wahlkreis liegt in Thüringen.

Die AfD als Gesamtpartei ist vom Verfassungsschutz noch nicht als gesicherte rechtsextreme Bestrebung eingestuft, sondern nur als Verdachtsfall. Wäre die Hochstufung nicht der nächste Schritt?

Die dauerhafte Beobachtung durch den Verfassungsschutz und ein Parteiverbot sind zwei unterschiedliche Dinge. Bei Letzterem geht es darum, dass die Partei wesentliche Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere die Garantie der Menschenwürde und den Gleichbehandlungsgrundsatz, ablehnt. Damit muss man sich auseinandersetzen.

Und in Folge geht es natürlich auch darum, dass mit einem Verbot der AfD ihre derzeitigen Privilegien fallen würden: Wahlkampfkostenerstattung, die Möglichkeit des Wahlantritts und die Nutzung der Parlamente als Bühne, ihre Forderung nach Geld für ihre politische Stiftung.

Der Versuch, die NPD zu verbieten, ist zuletzt gescheitert. Könnte ein Versuch, die AfD zu verbieten, nicht auch nach hinten losgehen?

Deshalb sage ich ja, wir müssen das sehr gut prüfen. Aber im Vergleich zum zweiten NPD-Verbotsverfahren erfüllt die AfD bestimmte Voraussetzungen, die man damals verneint hat. Die NPD wurde ja als verfassungswidrig eingestuft, es hieß aber, ihr fehle die gesellschaftliche und politische Relevanz.

Also die Möglichkeit, ihre Vorstellungen durchzusetzen.

Genau. Und das kann man bei der AfD, die im Bundestag sitzt, in 15 Landtagen und im Europaparlament und über die entsprechenden Finanzmittel verfügt, nun wirklich nicht sagen. Ich war bislang skeptisch, wegen eines Elements, das die NPD unzweifelhaft erfüllt hat, nämlich die aggressiv-kämpferische Haltung, also die Bereitschaft, Ziele auch mit Gewalt umzusetzen.

Das konnte man bei der AfD bislang nur sehr vermittelt über einzelne Personen nachweisen, die aber keine herausgehobenen Funktionen innehatten. Das hat sich dadurch, dass eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete möglicherweise an Terrorplanungen beteiligt war, geändert.

Aber dazu reicht doch nicht eine Person?

Nein, aber es gab ja schon Bundestagsmitarbeiter wie den inzwischen verstorbenen Manuel Ochsenreiter, die in Verdacht standen. Und das leider eingestellte Nordkreuz-Verfahren, bei dem ein AfDler beteiligt war. Und wenn diese Gruppierung, die wir jetzt „Patriotische Union“ nennen, weiter aufgedröselt wird, werden wir nicht bei einer Person stehen bleiben.

Was halten Sie von den Plänen der Innenministerin, das Disziplinarrecht zu verschärfen und Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen?

Das hat Frau Faeser ja bereits im vergangenen Frühjahr angekündigt, aber bisher liegen uns da keine konkreten Vorschläge für eine Gesetzgebung vor. Die Diskussion, wie wir nicht nur bei Reichsbürgern, sondern auch bei Polizisten, die sich an entsprechenden Chatgruppen oder sogar an Waffen- und Munitionsklau beteiligen, schneller das Dienstverhältnis beenden können, ist notwendig.

Ich kenne konkrete Fälle, die zwar nicht mehr Dienst tun dürfen, aber monatelang bei vollen Bezügen zu Hause sitzen, weil die Disziplinarverfahren so lange dauern. Wichtig ist dabei aber, dass die Betroffenen weiter die Garantie haben, Rechtswege zu beschreiten.

Und wie bewerten Sie Fae­sers Forderung, das Waffenrecht zu verschärfen?

Es gibt im Waffenrecht alle Möglichkeiten, bei entsprechenden Personen die notwendige Zuverlässigkeit zu verneinen. Das Waffenrecht wird aber auf kommunaler Ebene umgesetzt und dort höre ich, dass es dort weniger am Willen, sondern am Personal mangelt, ausreichend zu prüfen, unangemeldete Kontrollen durchzuführen und bei Hinweisen die Waffen mit Hilfe der Polizei einzuziehen. Hier gibt es ein Vollzugsdefizit, eine Gesetzesverschärfung brauchen wir nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.