Weihnachten für umme (12): Ein Schloss wird zur Wärmestube
taz-Adventskalender: Im Humboldt Forum gibt es in diesem Winter eine Wärmestube. Es kommen vor allem diejenigen, denen das Geld zum Heizen fehlt.
Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so besinnlichen Fest.
Wer vor dem Berliner Schloss – oder auch: Humboldt Forum – steht, denkt wohl kaum daran, dass dies ein Ort für wohnungslose und arme Menschen sein könnte. Im Gegenteil: Alles an der gefakten Bombast-Architektur atmet Geld und Größenwahn, alles im Inneren zielt auf bürgerliche Kulturbeflissenheit. Und doch gibt es hier seit dem 1. Dezember einen „Ort der Wärme“, an dem „jede und jeder“ willkommen ist, wie es in der Broschüre der Johanniter heißt. Die Hilfsorganisation betreibt das Ganze.
Täglich außer dienstags, wenn das Schloss geschlossen ist, bekommt man hier zwischen 14 und 18 Uhr Kaffee und Kuchen, kann im Warmen sitzen, etwas lesen oder sich im „Spendenladen“ bedienen. Das klingt etwas hochtrabend, eigentlich ist es nur ein Regal mit Pullovern, Wäsche, Hygieneartikeln. Aber man sollte nicht meckern, denn: Alles ist für umme.
Dunkelgrau wie der Himmel
Eine Woche nach der Eröffnung ist an diesem Nachmittag nicht viel los. Fünf Männer sitzen zumeist einzeln an den Café-Tischen, einer schläft im Sitzen. Es ist in der Tat warm, nur nicht sehr gemütlich. Das Mobiliar schwarz und modern-kühl, der Tresen, auf dem die Kaffee-Thermoskannen stehen und ein Glasschrank mit Kuchen, dunkelgrau wie der Himmel.
Hinter dem Tresen steht Dietrich Heuer. Der langjährige Mitarbeiter der Kältehilfe der Johanniter kennt viele der Gäste, etwa die Hälfte seien „Stammkunden“ aus den Johanniter-Notunterkünften für Wohnungslose. „Anfangs kamen nur drei bis vier am Tag, aber die letzten beiden Tage waren es um die 20.“
Bis 31. März dürfen sich hier, in der Südwest-Ecke des Schlosses, rechts vom Portal 3, nun all jene für ein paar Stunden erholen, denen das Leben nicht so gut mitspielt. „Die meisten unserer Gäste haben eine Wohnung“, betont Heuer, „aber sie haben durch Inflation und Energiekrise kein Geld zum Heizen“.
„Hier bin ich zum zweiten Mal, die Atmosphäre ist hervorragend“, sagt ein Weißbärtiger, der seinen Namen nicht nennen will. Sonst hänge er tagsüber viel am Alex ab mit seinen wohnungslosen Freunden, er selbst habe aber eine Wohnung. Seine Antwort auf die Frage, ob er nicht mal in die Ausstellungen im Schloss gehen will, schließlich sind die meisten ebenfalls umsonst, ist kurz: „Nö.“
Leser*innenkommentare
Achim Kniefel
Immer wieder putzig, wie manche Autor`*innen bei keinem Artikel mit Berliner-Schloss-Bezug niemals vergessen, ihre Gegnerschaft zur Fassade kund zu tun - aber aus dekorativen Gründen der Artikel trotzdem mit der ja irgendwie auch sehr fotogenen Fassade bebildert wird.