Weihnachten für umme (8): Speere unterm Weihnachtsbaum

taz-Adventskalender: Viele Museen haben begonnen, nicht nur über Teilen und Zurückgeben nachzudenken, sondern übers Verschenken von Dingen. Gute Idee!

Werden die wirklich alle gebraucht? Ausstellung im Grassi Museum für Völkerkunde Foto: dpa

Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so besinnlichen Fest.

Es gibt Museen, die längst begonnen haben, über Deakzession nachzudenken: Also die Veräußerung, den Tausch oder das Verschenken von Sammlungsgegenständen aus den übervollen Depots.

Die Chefin des Grassi Museums für Völkerkunde in Leipzig, Léontine Meijer-van Mensch, hat beispielsweise darauf hingewiesen, dass es wenig Sinn macht, 300 Speere der gleichen Art zu behalten, wenn sie auch die Communities, aus denen sie stammen, nicht mehr wollen. Warum sie also nicht einfach verschenken? Es ist immerhin Weihnachten!

Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu mickrig, zu welcher Art von Diskussion die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am Dienstagabend geladen hat. Zur Erinnerung: Es war diese Stiftung, die in den letzten Jahren maximal gebremst hat in Sachen Rückgabe von kolonialer Raubkunst aus dem Humboldt Forum.

Selbst noch bei Dingen, die gar nicht verschenkt werden würden, sondern ganz eindeutig einfach zurückgegeben werden müssen, hat sie viel zu lang behauptet, die Gegenstände seien legal hier.

Foto: Aletta Luebbers

Die Enthierarchisierung von Wissen

Und nun heißt es am Dienstagabend in der James-Simon-Galerie: Es ist eine Schande, dass Deutschland so hinterher ist, was die Digitalisierung von Kulturgütern anbelangt. „Es geht um die Enthierarchisierung von Wissen“, sagt Patricia Rahemipour, Direktorin des Instituts für Museumsforschung. Das ist richtig, lenkt aber vom Kern der Probleme ab.

Denn es geht längst nicht mehr darum, Wissen zugänglich zu machen und zu teilen. Auch, dass Geraubtes schleunigst zurück muss, steht außer Frage. Es geht bei vielen Museen, die übers Verschenken nachdenken, um eine neue Haltung, ein neues Selbstverständnis. Manche Museen wollen sich nicht mehr großspurig als Sammler, sondern nur noch als Hüter von Kulturgegenständen begreifen.

Klar würden sich Viele gern einen Speer schenken lassen, den sonst keiner mehr braucht, noch dazu an Weihnachten. Vielleicht hätte die Praxis des Verschenkens überflüssiger Sammlungsgegenstände aus den übervollen Depots aber auch einen netten Nebeneffekt. Die Museen würden sich vielleicht generell leichter von Dingen trennen, zum Beispiel einfach nur deshalb, weil sie dort, wo sie herkommen, dringender gebraucht werden als hier.

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