Steigende Mieten in Deutschland: Linke für Kündigungsmoratorium

Was tun gegen die steigenden Kosten fürs Wohnen? Die Linke fordert unter anderem einen besseren Kündigungsschutz und einen bundesweiten Mietendeckel.

Caren Lay bei einer Pressekonferenz

„Ein Armutszeugnis für ein reiches Land“: Linken-Politikerin Caren Lay am Montag in Berlin Foto: Christian Spicker/imago

BERLIN taz | Mit etwas versteinerter Miene trat die Wohnungsexpertin der Linkspartei, Caren Lay, am Montag vor die Kameras. „Wir haben die traurige Situation, dass es im letzten Jahr 29.000 Räumungen von Wohnungen gegeben hat“, erklärte Lay, die im Justizministerium nachgefragt hatte. Das sind im Schnitt fast 80 pro Tag. „Ein Armutszeugnis für ein reiches Land“, findet Lay. Schließlich bedeuteten Zwangsräumungen „nicht selten Wohnungslosigkeit“.

Die meisten gab es im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW (8.656), gefolgt von Bayern (3.432) und Sachsen (2.667) – das gemessen an seiner Einwohnerzahl „Räumungsmeister Ostdeutschlands“ sei. In Bayern aber habe es sogar 20 Prozent mehr Zwangsräumungen gegeben als im Vorjahr. Dabei ist die Zahl insgesamt rückläufig (2020: 30.731).

Ziel müsse sein, „die Zahl der Zwangsräumungen deutlich zu reduzieren und perspektivisch auszusetzen“, forderte Lay. Sie nahm diese Zahlen zum Anlass, um das Winterpaket der Linkspartei, „Warm und sicher wohnen“, vorzustellen. Denn neben den steigenden Energiekosten, die derzeit viele Haushalte belasten, steigen auch die Mieten ungebremst weiter.

„Ein Kündigungsmoratorium ist jetzt dringend nötig“, forderte Lay. Tatsächlich hatte es zu Beginn der Pandemie ein befristetes Kündigungsmoratorium gegeben, in der aktuellen Krise ist das aber nicht der Fall. Zudem müsse der Kündigungsschutz verbessert werden, so Lay. Wer seine Mietschulden nachzahlt, sollte nicht gekündigt werden dürfen. Bisher gilt bei ordentlichen Kündigungen aber: Auch eine Nachzahlung der Mietrückstände kann die Kündigung nicht abwenden. „Das ist ein Grundkonstruktionsfehler im Mietrecht“, beklagte Lay und forderte, diesen Fehler dringend zu beheben.

Der Bundesregierung und vor allem Olaf Scholz (SPD) warf sie Untätigkeit vor, den Mietenanstieg zu bremsen. Die Linkspartei fordere daher einen bundesweiten Mietenstopp. Dieser müsse auch für Indexmietverträge gelten, die derzeit für Diskussionen sorgen. Bei diesen Mietverträgen ist die Miete direkt an die Inflation gekoppelt. Mittelfristig brauche es einen „atmenden Mietendeckel“ und den Aufbau eines nicht profit­orientierten Wohnungssektors. Es sei „unerlässlich, dass wenigstens eine Partei im Bundestag aus Sicht der Mie­te­r*in­nen den Wohnungsmarkt regulieren möchte und Politik vom Standpunkt der Schwächsten betreibt“.

Armutsrisiko Miete

Tatsächlich sind vor allem Menschen, die zur Miete wohnen, besonders armutsgefährdet. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Linkenpolitikerin Susanne Ferschl hervor: Im Jahr 2020 betrug die Armutsrisikoquote von Mie­te­r*in­nen 21 Prozent, bei Ei­gen­tü­me­r*in­nen waren es 10,9 Prozent. Das Armutsrisiko ist demnach für Mie­te­r*in­nen fast doppelt so hoch wie bei Menschen, die im Wohneigentum leben.

„Der Unterschied ist auf den bekannten Zusammenhang zwischen Einkommen und Vermögensbildung zurückzuführen“, heißt es dazu in der Antwort der Bundesregierung. Die Regierung verwies aber darauf, dass die Armutsrisikoquote in Deutschland insgesamt unter dem EU-Durchschnitt liegt. Im EU-Schnitt sind 26,6 Prozent der Mieterhaushalte armutsgefährdet und 13,4 Prozent derjenigen, die im Eigentum leben.

Damit will sich die Linkenpolitikerin Ferschl aber nicht zufrieden geben. „Während die Reallöhne in Deutschland kontinuierlich sinken, steigen im Gegenzug die Mieten unaufhörlich“, erklärte sie gegenüber der taz. Für Ferschl ist deshalb klar: „Die Mieten müssen runter, die Löhne rauf.“

„Ein Armutszeugnis für ein reiches Land“

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