Karibik verpasst

Von Gewissen gequälte Schweizer finden Geld

Unter der klinisch sauberen Überschrift „Schöne Geschichten aus dem Alltag“ verbreitete gestern die Schweizer Polizei via dpa eine rührende Meldung. Demnach hatte ein älterer Mann im Kanton Wallis 20.000 Franken aus einem Automaten in Martigny gezogen und in einen Umschlag gesteckt, der aber unbemerkt zu Boden gefallen sei, als er in sein Auto stieg. Ein Ehepaar fand den Umschlag, und weil darin auch die Adresse des Verlierers vorhanden war, fuhr das Ehepaar kurzerhand zu ihm und gab ihm den Umschlag zurück. Der Mann zahlte ihnen einen Finderlohn von 500 Franken. „Eine schöne Geschichte über ehrliche Bürger“, schrieb die Polizei und stellte online ein Weihnachtsmannfoto dazu. Und spätestens an dieser Stelle der idyllischen Schweizer Geschichte merken Leser: Da stimmt doch etwas nicht! Denn hinter der ehrpusseligen Kuhglocken-Fassade verbirgt sich hundertpro das Grauen. Vermutlich wäre das gar nicht gutherzige Finderpaar am liebsten mit den 20.000 Ocken in die Karibik durchgebrannt, um wenigstens ein Mal im Leben das öde Dasein in der Alpenkulisse hinter sich zu lassen. Aber das elende kernseifensaubere Schweizer Gewissen hinderte sie daran. Und jetzt stehen sie mit läppischen 500 Franken Finderlohn schön stupido da.