Empfehlung der EU-Kommission: Kein Geld mehr für Orbán

Die EU-Kommission will rund 13 Milliarden Euro für Ungarn einfrieren. Ministerpräsident Viktor Orbán wehrte sich bisher gegen den Druck aus Brüssel.

Portrait

Muss auf die Milliarden aus Brüssel vorerst warten: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban Foto: Bernadett Szabo/reuters

BRÜSSEL taz | Ungarn hat versprochene rechtsstaatliche Reformen nicht vollständig umgesetzt, deshalb soll das Land rund 13 Milliarden Euro aus dem EU-Budget erst mal nicht bekommen. Dies empfahl die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel. Sie hatte bereits im September entschieden, 7,5 Milliarden aus dem EU-Budget zurückzuhalten. Nun kommen noch einmal 5,8 Milliarden aus dem Corona-Hilfsfonds hinzu.

Die spektakuläre Entscheidung, die auf dem neuen Rechtsstaatsmechanismus zum Schutz des EU-Budgets beruht, ist allerdings nicht endgültig: Das letzte Wort haben die EU-Finanzminister. Sie müssen bis zum 19. Dezember mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Dafür sind 55 Prozent der 27 Länder nötig, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU repräsentieren.

Deutschland hat bereits Zustimmung signalisiert, doch andere EU-Länder zögern. Einige Staaten fürchten offenbar, dass sie selbst einmal von Finanzsanktionen betroffen sein könnten. Zudem könnte Ungarn nach dem Geldentzug wichtige EU-Entscheidungen blockieren.

Schon jetzt steht die rechtsnationale Regierung in Budapest auf der Bremse. Sie blockiert unter anderem eine 18 Milliarden Euro schwere, schuldenfinanzierte Finanzhilfe für die Ukrai­ne. Auch ein seit Jahren geplantes globales Steuerabkommen liegt wegen des Vetos aus Budapest auf Eis. Regierungschef Viktor Orbán versuche, die EU zu erpressen, heißt es in Brüssel.

Powerplay um EU-Milliarden

Die große Frage ist nun, ob Orbáns Kalkül aufgeht. Bisher konnte er die EU-Politiker in Brüssel immer wieder gegeneinander ausspielen. Auch diesmal ist es wohl nur dem Druck des Europaparlaments zu verdanken, dass die EU-Kommission den Daumen gesenkt hat. Die Abgeordneten hatten Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) vor einer Freigabe der Gelder gewarnt und sie teilweise sogar persönlich für Korruption in Ungarn verantwortlich gemacht.

Daraufhin änderte die Brüsseler Behörde ihre zögerliche Haltung. 17 Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung seien nicht oder nur teilweise umgesetzt worden, sagte Budgetkommissar Johannes Hahn. Der Corona-Plan sei zwar annehmbar. Doch auch das dafür reservierte Geld könne erst dann ausgezahlt werden, wenn Ungarn die 27 „Super-Meilensteine“ umsetzt, darunter die zuvor beschlossenen 17 Maßnahmen.

Sowohl die „Meilensteine“ als auch die „Super-Meilensteine“ sind neu – und umstritten. Sie sollen sicherstellen, dass Ungarn den Rechtsstaat achtet, die unter Orbán verbreitete Vetternwirtschaft beendet und gegen Korruption vorgeht. Dafür ist die Einsetzung einer eigenen Taskforce geplant; außerdem soll die Regierung in Budapest die Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen ändern.

Es könne durchaus sein, dass Ungarn die umstrittenen Reformen in den nächsten Tagen doch noch vorantreibe, sagte Hahn. In diesem Fall müssten die Finanzminister die Lage neu bewerten. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen; in Brüssel und Budapest hat ein bisher einmaliges Powerplay um die EU-Milliarden begonnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.