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: „Wir haben jedes Jahr einen anderen Fokus“

Das „Europäische Filmfestival Göttingen“ ist das älteste im Norden

Foto: privat

Helge Schweckendiek

1962 geboren, ist Geschäftsführer des Kino Lumière in Göttingen und betreibt den Filmverleih „Kairos Film“. Er programmiert und organisiert das „Europäische Filmfestival Göttingen“.

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Schweckendiek, wie schafft man es als Filmfestival, 43 Jahre zu bestehen?

Helge Schweckendiek: Wir sind mit Abstand das kleinste Filmfestival Niedersachsens, aber wir haben ein Alleinstellungsmerkmal. Das „Europäische Filmfestival Göttingen“ wurde in den frühen 1980er-Jahren gegründet, ursprünglich hieß es „Länderfilmtage“. Das Konzept bestand darin, die aktuelle Filmkultur eines ausgewählten europäischen Landes oder einer Region vorzustellen. Und dieses Prinzip haben wir bis heute beibehalten, denn es gibt jedes Jahr einen Länderschwerpunkt. Wir machen nicht nur einen Gemischtwarenladen wie andere Festivals, sondern wir haben jedes Mal einen anderen Fokus.

Welchen Schwerpunkt gibt es dieses Jahr?

Wir zeigen elf neue italienische Filme sowie einen Klassiker von Michelangelo Antonioni und wir werden auch zwei Gäste aus Italien haben.

Aber ganz ohne die Gemischtwaren können auch Sie kein Festival machen.

Das stimmt! Wir haben die Programmschiene „Europäische Premieren“. Das sind überwiegend Previews von europäischen Filmen, die demnächst in die Kinos kommen. Und wir haben eine Kooperation mit Göttingens Partnerstadt in Großbritannien, Cheltenham. Die veranstaltet auch ein großes Filmfestival und deren Gewinnerfilm zeigen wir auch.

Werden bei Ihnen nur Filme aus anderen europäischen Ländern gezeigt?

Nein, es gibt auch eine Sektion „Neues Deutsches Kino“. Das Spektrum der dort gezeigten Filme reicht von einem großen Naturfilm bis zu einer Installation mit Super-8-Filmen.

Das hat sich alles in Jahrzehnten gut bewährt. Wagen Sie auch Neues?

Ja, von diesem Jahr an gibt es eine neue Sektion, die „Über Grenzen“ heißt. Dabei geht es darum, aus unterschiedlichen Perspektiven aufzuzeigen, wie sich Menschen fühlen, die Grenzen überschreiten. Da geht es meistens um Flucht und Migration, aber unser Eröffnungsfilm „Godland“ spielt im 19. Jahrhundert und handelt von einem dänischen Priester, der nach Island geschickt wird, um dort eine Kirche aufzubauen.

Ihr Festival ist nicht nur das kleinste im Lande, sondern gehört mit zehn Tagen auch zu den längsten. Warum ist das so?

43. Europäisches Fimfestival Göttingen,Fr, 25. 11., bis So, 4. 12., Kino Lumière und Kino Méliès, https://filmfest-goettingen.de

Das Festival dauert so lange, weil wir die Filme nur in zwei Kinos zeigen können. Das ist ein Problem, denn zehn Tage sind eine verdammt lange Strecke, und da ist es schwierig, die Festivalspannung zu halten.

Sie bieten auch einen Workshop mit dem vielversprechenden Titel „Wie mache ich einen Film?“ an. Was passiert denn da?

Jeder Göttinger und jede Göttingerin kann daran teilnahmen, auch ohne Vorkenntnisse. Und ein Filmemacher produziert dann zusammen mit ihnen über das Wochenende einen kleinen Kurzfilm.

Das Kurzfilmprogramm gibt es auch online. War das nicht nur eine Notlösung in ­Coronazeiten?

Grundsätzlich wollen wir ein Festival machen, das live stattfindet. Dieses ewige Streamen wollen wir nicht fördern. Wir wollen die Leute zusammenbringen. Aber die Kurzfilme wollen wir auch weiterhin parallel streamen, weil das Programm sich an ein jüngeres Publikum wendet.