HSV-Fans machen WM-Alternativprogramm: Etwas Besseres als Katar

Die Supporters-Abteilung des HSV hat sich ein Gegenprogramm zur Wüsten-WM ausgedacht. Beim Hamburger Futsal-Derby kamen die Fans auf ihre Kosten.

In einer Sporthalle liegt ein Sportler mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden, zwei Gegenspieler stehen. Die Zuschauerränge sind leer.

Normalfall beim Futsal: Leere Ränge beim Halbfinale der HSV Panthers um die Meisterschaft im Mai Foto: Torsten Helmke/Imago

HAMBURG taz | 4.600 Kilometer und mehrere Welten liegen zwischen der Sporthalle Wandsbek und dem Al-Bayt-Stadion in Katar. Während am Sonntag auf der arabischen Halbinsel die umstrittene Herrenfußball-Weltmeisterschaft begann, trafen im Hamburger Osten die HSV Panthers und der FC St. Pauli in der Futsal-Bundesliga aufeinander.

Hier das große Geld und Millionenpublikum, dort der Nischensport in einer Mehrzweckhalle aus den 1980er-Jahren: Kunststoffboden, viele bunte Linien für viele unterschiedliche Sportarten. Und doch sind an diesem Sonntag mehr Zu­schaue­r:in­nen als gewöhnlich nach Wandsbek gekommen.

Schon vor dem Eingang der Sporthalle hatte es sich aufgestaut. Drinnen, am Getränkestand und auf der Tribüne, drängen sich wenig später die Fans. Die 1.300 Plätze sind ausverkauft. Die Fans der HSV Panthers haben große Banner mitgebracht, Fahnen, Trommeln. Ohne Pause stimmen sie Lieder an, die Fans von St. Pauli halten mit Vuvuzelas dagegen.

Alternative für WM-Boykotteure

Futsal ist eine südamerikanische Spielart des Hallenfußballs. Der Ball ist ein wenig kleiner, die Regeln ein wenig anders, mediale Berichterstattung kaum vorhanden. Dass das Futsal-Derby an diesem Sonntag dennoch viel Aufmerksamkeit bekommt, liegt auch an der Arbeit des HSV Supporters Club. Dieser hatte zusammen mit dem Förderkreis Nordtribüne zum WM-Boykott aufgerufen und ein Alternativprogramm für Fans zusammengestellt.

„Sich gegen die WM in Katar zu positionieren, ist richtig, aber das kann jeder“, sagt Simon Philipps von den Supporters. Das habe der Fanabteilung nicht gereicht. Sie wollte darüber hinaus „den Amateursport unterstützen, der in dieser Zeit weiter läuft“. Der Supporters Club möchte zeigen, „wie Sport auch sein kann: solidarisch, ehrlich und unkommerziell“. Dadurch soll auch Interesse für weniger bekannte Abteilungen des HSV geweckt werden.

Teil des HSV-Winterprogramms waren bisher ein Spiel der Fußball-Frauen in der Regionalliga Nord und, am vergangenen Mittwoch, das Heimspiel der Rollstuhlbasketballer der BG Baskets. Dort, wo gewöhnlich rund 100 Zu­schaue­r:in­nen sind, kamen laut Philipps fast 500. Die Atmosphäre sei natürlich etwas anders als beim Profifußball: „Den Leuten ist bewusst, dass sie beim Amateursport sind.“

Im Dezember folgen noch die Spiele der dritten Herren-Fußballmannschaft gegen den FC Süderelbe und – fünf Tage nach dem Finale in Katar – das Eishockeymatch des HSV gegen den ESC Wunstorf.

Dauerkarten fast ausverkauft

Für das Winterprogramm haben die Supporters auch eine Dauerkarte angeboten. Im Preis von 18,87 Euro sind alle fünf Spiele inbegriffen. Die Überschüsse kommen den Abteilungen zugute. Und das Interesse am Winterprogramm ist groß. Laut Philipps wurden fast alle 250 Dauerkarten verkauft.

Er hofft aber, dass es nicht bei einzelnen Besuchen bleibt: „Die Idee war auch, eine dauerhafte Bindung zu den anderen Sportarten aufzubauen.“ Vielleicht schafft die globalisierte Weltmeisterschaft im Emirat also ungewollt genau das, was vielen Sportverbänden seit Jahren schwer fällt: das Interesse am Amateursport wieder zu steigern.

Als um 17 Uhr im Al-Bayt-Stadion das Eröffnungsspiel beginnt, läuft in Wandsbek gerade die zweite Halbzeit. Katar liegt gegen Ecuador schon mit 0:1 hinten, als Futsal-Rekordmeister HSV Panthers den Lokalrivalen FC St. Pauli mit 3:1 geschlagen hat.

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