Rückzug aus Cherson?

Womöglich steht Russland kurz davor, seine Truppen aus der südukrainischen Stadt abzuziehen

Westlichen Sicherheitskreisen zufolge soll Russland den Rückzug seiner Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson vorbereiten. Die Russen hätten wohl entschieden, dass „die Stadt den Kampf nicht wert“ sei, sagte ein hochrangiger Beamter einer westlichen Regierung am Donnerstag in einem Hintergrundbriefing vor Journalisten.

Allerdings sei es immer möglich, dass sich die Militärführung kurzfristig umentscheide, auch wenn derzeit alles auf einen Rückzug hindeute, schränkte der Beamte ein.

Wie der britische Guardian meldete, soll bereits die russische Flagge von der Regionalverwaltung von Cherson entfernt worden sein, einem Gebäude am Westufer der Stadt. Nach Angaben des dem ukrainischen Verteidigungsministerium unterstellten Zentrums für nationalen Widerstand haben die russischen Streitkräfte ihr regionales Hauptquartier über den Fluss Dnipro auf das linke Ufer der Stadt Cherson verlegt.

Cherson liegt am rechten Ufer des Dnipro und war von Russland gleich zu Beginn des Angriffskriegs erobert worden. Ende September annektierte Kremlchef Wladimir Putin Cherson als eins von vier ukrainischen Gebieten auch offiziell für Russland.

Die Lage der russischen Truppen westlich des Flusses hat sich aber gleichzeitig deutlich verschlechtert. Die ukrainischen Truppen haben systematisch die Nachschubwege des russischen Militärs über den Dnipro zerstört und rückten Anfang Oktober bei ihrer Gegenoffensive weiter auf die Stadt vor.

Unterdessen wurde bekannt, dass Deutschland in der Schweiz hergestellte Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard nicht an die Ukraine weitergeben darf.

Aufgrund der Schweizer Neutralität sei es nicht möglich, dem deutschen Antrag auf den Weiterexport dieser Munition in die Ukraine stattzugeben, erklärte Wirtschaftsminister Guy Parmelin in einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben an Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Schweizerische Gesetze verbieten demnach den Export in Länder, die sich in einem bewaffneten Konflikt befinden. (dpa, afp, taz)