Ber­li­ne­r*in­nen stimmen über Klimaschutz ab

Erfolgreiches Volksbegehren: 260.000 Menschen fordern eine klimaneutrale Hauptstadt bis 2030

Die mitregierenden Berliner Grünen werden nicht für ein Ja beim Volksentscheid werben

Von Bert Schulz

In Berlin steht der nächste Volksentscheid an, diesmal zum Thema Klimaschutz. Gut 260.000 Unterschriften hat das Bündnis Klimaneustart Berlin in den vergangenen vier Monaten gesammelt, wie es am Dienstagmorgen mitteilte. Erforderlich sind rund 170.000 gültige Unterschriften, damit es zu einer Abstimmung kommt. „Die Menschen wollen mehr Klimaschutz – das haben wir beim Sammeln der Unterschriften gemerkt“, sagte Rabea Koss von der Initiative. „Wir waren uns aber lange nicht sicher, ob es für einen Volksentscheid reichen würde.“

Ganz sicher ist das auch jetzt noch nicht: In den kommenden zwei Wochen prüft die Berliner Verwaltung die gesammelten Unterschriften auf Gültigkeit. Bisher lag die Quote der nicht zählenden Un­ter­zeich­ne­r*in­nen bei etwa 25 Prozent – etwa weil die Menschen nicht in Berlin gemeldet oder unter 18 Jahre alt waren oder keinen deutschen Pass besitzen. Aber selbst bei 30 Prozent ungültigen Stimmen wäre die Hürde für den Volksentscheid genommen.

Darin dürfen die Ber­li­ne­r*in­nen über einen von der Initiative vorgelegten Gesetzentwurf abstimmen, der vorschreibt, dass die Stadt bis 2030 klimaneutral sein muss. Konkret muss die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis dahin um mindestens 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 verringert werden. Dafür müsste das Land massiv mehr Geld etwa in die Dämmung der Gebäude, die Verkehrswende und die nachhaltige Ausrichtung der Wärmeversorgung investieren.

Die rot-grün-rote Landesregierung lehnt den Gesetzentwurf ab, weil er in der Praxis nicht umsetzbar sei, sowohl aus finanziellen als auch aus praktischen Gründen. Es gebe zum Beispiel schlicht nicht genügend Hand­wer­ke­r*in­nen für die notwendigen Arbeiten. Für die in Berlin mitregierenden Grünen begrüßte Fraktionschef Werner Graf zwar den Erfolg der Initiative und sah darin dringend nötigen Rückenwind für mehr Klimaschutz, wie er der taz sagte. Dennoch werde man im Wahlkampf nicht für ein Ja für den Gesetzentwurf werben. Das muss allerdings nicht unbedingt den Erfolg mindern. In Berlin wurden mehrere progressive Volksentscheide gewonnen, obwohl die Regierung oder Teile davon sich dagegen positioniert hatten, zuletzt der Entscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen.

Der Klimaentscheid könnte bereits am 12. Februar stattfinden. An diesem Mittwoch entscheidet das Berliner Verfassungsgericht über die Gültigkeit der Wahl zum Abgeordnetenhaus vom 26. September 2021. Allgemein wird damit gerechnet, dass sich die neun Rich­te­r*in­nen für eine komplette Wahlwiederholung entscheiden, die dann innerhalb von 90 Tagen stattfinden müsste. Der Entscheid würde dann parallel dazu abgehalten, was die Gefahr reduziert, dass er an zu niedriger Abstimmungsbeteiligung scheitert.