Standortsuche dauert länger: Atomendlager nicht vor 2046

Bisher sollte im Jahr 2031 klar sein, wo Deutschlands nuklearer Abfall hinkommt. Nun soll es im Extremfall sogar bis 2068 dauern.

Zwischenlager mit einem Castor in Phillipsburg

Wenn es noch kein Endlager gibt, wird zwischengelagert – wie hier in Philippsburg Foto: Peter Sandbiller/imago

BERLIN taz | Der Plan, in Deutschland im Jahr 2031 einen Standort für ein geologisches Tiefenlager für hochradioaktiven Müll benennen zu können, ist unrealistisch. Davon geht inzwischen auch die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) aus.

Bei der Neubewertung geht es nicht um wenige Jahre, sondern um mindestens anderthalb Jahrzehnte: Bestenfalls 2046 werde man einen Standort gefunden haben, möglicherweise aber auch erst 2068. Der Termin zur ersten Einlagerung von Atommüll, der erst viele Jahre nach der Standortfestlegung erfolgen kann, war bislang auf 2050 datiert worden. Auch dieser Termin ist offensichtlich hinfällig.

Das Bundesumweltministerium verwies darauf, dass es darum gehe, „den Standort für ein Endlager zu finden, der die beste Sicherheit über einen Zeitraum von einer Millionen Jahre bietet“. Dies sei „ein hoher Anspruch und eine herausfordernde Aufgabe“. Daher hätten sich Zeitvorgaben dem „Grundsatz der bestmöglichen Sicherheit“ unterzuordnen.

Während nun weitgehende Einigkeit darüber herrscht, dass 2031 nicht klappen kann, sind die Ansichten darüber, ob dieser Zeitbedarf schon hätte früher erkannt werden können, unterschiedlich.

Auswertung geologischer Daten dauert

Zur Süddeutschen Zeitung, die zuerst über die offizielle Neubewertung des Terminplans berichtet hatte, sagte BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz, der Aufwand habe sich „sukzessive ergeben“, weil die Auswertung geologischer Daten und auch die Entwicklung der nötigen Methoden mehr Zeit brauchten. Hingegen hatte die 33-köpfige Endlagerkommission, die den Suchprozess vorbereitet hatte, bereits 2016 vor einer allzu optimistischen Fixierung auf das Jahr 2031 gewarnt.

Gleichwohl sei die gesetzliche Definition eines frühen Termins sinnvoll gewesen, entgegnet Kanitz: „Der durch die Soll-Vorschrift 2031 erzeugte berechtigte Zeitdruck hat allen Beteiligten geholfen, schnell in das Verfahren zu starten und die entsprechenden Kapazitäten aufzubauen.“ Gelungen ist das insofern, als die BGE mit inzwischen mehr als 2.000 Mitarbeitern aufgebaut werden konnte. Zu einem „transparenten und glaubwürdigen Verfahren“, so die BGE, gehöre es aber auch, „schon jetzt faktenbasiert über den weiteren Zeitplan ins Gespräch zu kommen“. Schließlich gehe es bei der Standortauswahl um ein „gesamtgesellschaftliches Jahrhundertprojekt“.

Im Januar 2023 will die bundeseigene Gesellschaft einen Fahrplan für die weitere Eingrenzung der im Herbst 2020 definierten 90 Teilgebiete vorlegen. Damals hatte sie in einem ersten Schritt rund 54 Prozent der Landesfläche bestimmt, die grundsätzlich noch für eine weitere Untersuchung infrage kommen. Alle drei möglichen Wirtsgesteine sind noch im Rennen. Die Größe der Teilgebiete mit Steinsalz belaufen sich in der Summe auf gut 30.000 Quadratkilometer, jene mit Tongestein auf 130.000 Quadratkilometer und jene mit Kristallingestein auf knapp 81.000 Quadratkilometer.

Nachdem bisher allein geologische Faktoren betrachtet wurden, werden im weiteren Verfahren auch Kriterien wie Sicherheit, technische Machbarkeit oder auch die Siedlungsdichte eine Rolle spielen. Im neuen Jahr will die BGE auch „einen ersten Ausblick für die weiteren Phasen geben“.

Die längeren Fristen könnten der Qualität der Erkundung zugutekommen. Andererseits aber warnte die Endlagerkommission bereits 2016, dass bei länger andauernden Verfahren auch Risiken drohten wie das „Erlahmen der erforderlichen Sorgfalt“ und das „Erlöschen des gesellschaftlichen Interesses und damit der Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft“.

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