Seenotrettung im Mittelmeer: Umstrittene Selektion

Italiens rechte Regierung versucht weiterhin, gerettete Flüchtlinge nur selektiv an Land zu lassen. Das UN-Flüchtlingswerk kritisiert das.

Personen stehen an einer Mauer, im Vordergrund ein Polizist.

Hafen von Reggio Calabria am Dienstag: Flüchtlinge gehen von Bord des Schiffes „Rise Above“ Foto: Valeria Ferraro/ap

BERLIN taz | Italien hat am Dienstag weitere aus Seenot gerettete Flüchtlinge an Land gelassen. Alle 89 Schiffbrüchigen durfte am Morgen das Schiff „Rise Above“ der deutschen NGO Mission Lifeline im Hafen von Reggio Calabria verlassen. Die Crew hatte sie bei Rettungseinsätzen seit Anfang November an Bord genommen.

Es war das dritte private Rettungsschiff, das seit dem Wochenende einen italienischen Hafen ansteuern durfte. Italiens neue rechte Regierung hatte ein Dekret erlassen, dass nur besonders Vulnerable, also etwa Kranke und Kinder, an Land dürfen. Alle übrigen Geretteten sollen an Bord bleiben und möglichst vom Flaggenstaat des Rettungsschiffes aufgenommen werden.

Am Samstag durften deshalb 35 der 179 Geretteten auf der „Humanity 1“ den Hafen von Catania nicht betreten. Am Sonntag mussten, ebenfalls in Catania, 214 von 572 Geretteten auf dem Schiff „Geo Barents“ bleiben. Beide NGOs hatten scharf gegen die Selektion protestiert.

Auch in Mailand und Catania protestierten am Montag Menschen gegen die neue Praxis der Regierung. Einer Aufforderung, mit den verbleibenden Menschen italienische Gewässer zu verlassen, kamen die Kapitäne beider Schiffe bis Dienstagmittag nicht nach.

Beteiligung anderer EU-Staaten gefordert

Am Montag hatten die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das UN-Flüchtlingswerk UNHCR Italien für die Selektion der Schiffbrüchigen kritisiert. „Die Gestrandeten müssen ohne weitere Verzögerung an Land gebracht werden“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Auf eine sichere Ausschiffung sollte eine „sinnvolle Aufteilung der Verantwortung zwischen allen betroffenen Staaten im Rahmen regionaler Kooperationsvereinbarungen folgen“. Soll heißen: Andere EU-Staaten sollen sich an der Aufnahme beteiligen.

„Ein stückweiser und Ad-hoc-Ansatz von der Hohen See aus, der die Küstenstaaten weiterhin allein lässt, kann nicht verfolgt werden und ist nicht nachhaltig“, so IOM und UNHCR.

Am Dienstag wartete das Rettungsschiff „Ocean Viking“ von SOS Méditerranée mit 234 Menschen an Bord weiter auf die Er­laubnis, einen Hafen anzusteuern.

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