Besondere Sauna in Berlin: Schwitzen statt Löschen

Die Freie Internationale Tankstelle in Prenzlauer Berg ist ein eigenwilliger Ort für Kultur. Hier kann man auch in einem Feuerwehrauto saunieren.

Illustration mit Feuerwehrauto, neben dem eine in einem Handtuch eingewickelte Frau steht. Oben aus dem Auto kommen Wasserfontänen heraus

Die Feuerwehr mit ordentlicher Hitze Foto: Jeong Hwa Min

BERLIN taz | An der Bar trinken die Gäste ihr Bier, an einem Tisch sitzen ein paar und lassen einen Joint kreisen, Nackte stapfen herum und irgendwann schaut noch ein neugieriger Fuchs vorbei, den das Treiben überhaupt nicht zu stören scheint. Wo bitte sind wir hier? In der Freien Internationalen Tankstelle in Prenzlauer Berg in Berlin, die sich immer mittwochs und sonntags an den Abenden in eine etwas andere Saunalandschaft verwandelt.

Ungewöhnlicher Ort

Auch die Sauna selbst ist ziemlich ungewöhnlich, sie befindet sich nämlich in einem alten umgebauten Feuerwehrauto. Bis zu acht Personen finden da Platz, eingeheizt wird mit einem alten finnischen Holzofen. Um seine Besucher zum Schwitzen zu bringen, benötigt Dida Zende, der Erfinder der Feuerwehrautosauna, also keinen Strom oder Gas wie all die herkömmlichen Spa-Tempel, sondern gut abgelagertes Birkenholz. Was in diesen Tagen kein kleiner Vorteil ist angesichts der explodierenden Kosten für Energie, wegen denen die anderen Schwitzbetriebe massiv ihre Preise erhöht haben. Die städtischen Saunen der Berliner Bäder-Betriebe haben derzeit sogar allesamt geschlossen. Auch bei Zende ist es nach den Coronalockdowns teurer geworden, aber so billig wie bei ihm kann man wohl sonst nirgendwo in der Stadt saunieren. Ein Bier ist im Preis sogar inbegriffen.

Seit fast 20 Jahren gibt es Zendes stillgelegte Tankstelle als Ort für Kunst und Kultur, seit zehn die Sauna. Es finden hier Konzerte und Performances statt. Die mongolische Jurte, die an den Saunaabenden als Umkleide und Entspannungsraum gleichzeitig dient, vermietet er regelmäßig für irgendwelche Veranstaltungen.

So basic wie möglich

Das oberste Credo Zendes lautet: bloß keinen Wellness-Bullshit und alles so basic wie nur möglich. Niemand veranstaltet in seinem Feuerwehrauto den üblichen Aufguss-Zinnober, bei dem jemand sein Fichtennadel-Moschus-Extrakt aufgießt, dann wie ein Weltmeister alles mit dem Handtuch verwedelt und alle „Ah“ und „Oh“ seufzen. Wer mag, kann selbst aufgießen, sagt Zende, wenn die anderen Gäste damit einverstanden sind. Und die einzige Dusche steht unter freiem Himmel im Hof. Dazu passt, dass er so gut wie gar keine Werbung für seine Sauna macht. Er füttert kein Insta, macht nur ein wenig was bei Facebook. „Ich brauche keine Aufmerksamkeit“, sagt er, „ich habe hauptsächlich Stammgäste und die wissen auch so Bescheid.“

Indirekt spüre aber auch er die explodierenden Energiekosten. Denn seit sich die Leute ihr Gas kaum noch leisten können, heizen die, für die das möglich ist, wieder verstärkt mit Holz. Das habe dessen Preis nach oben getrieben. „Seit ich die Sauna habe, durchforste ich die Ebay-Kleinanzeigen danach, ob jemand Holz kostenlos abzugeben hat“, sagt er, „aber jetzt will jeder Opa für seinen gefällten Apfelbaum 200 Euro.“ Noch stapelt sich auf seinem Gelände überall das von ihm und teilweise seinen Saunagästen selbst gespaltene Kleinanzeigenholz, aber das könne bald zur Neige gehen.

Das Problem der Ruhe

Auch sonst hat er es zuletzt schwerer als früher. Vor Kurzem war das Ordnungsamt bei ihm. Nachbarn hätten sich beschwert über Lautstärke und Rauch. Seitdem kann nur noch bis 22 Uhr sauniert werden und damit eine Stunde kürzer als vorher. Seit Corona wollten die Leute nur noch ihre Ruhe, glaubt Zende. Dabei ist es sowieso ein Wunder, dass es seine freakige Sauna im Epizentrum der Gentrifizierung Berlins, in Prenzlauer Berg, überhaupt noch gibt.

Kurz vor Feierabend an diesem Mittwoch, wo Zende traditionell immer noch selbst eine Runde Schwitzen geht, fahren plötzlich ein paar Jugendliche zwei dicke Autos in seine Tankstelle, einer hat eine Kamera in der Hand. Sie wollen hier ein HipHop-Video drehen, sagen sie. Auch so etwas erlebt man in anderen Saunen sicherlich nicht.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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