Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof: Pleite-Ritual im Kaufhaus

Wieder einmal hat Galeria Karstadt Kaufhof Insolvenz angemeldet. Und Berlin lässt sich weiter von einem dubiosen Investor verschaukeln.

Der Eingang der Filiale der Kaufhauskette Galeria Kaufhof am Berliner Ring-Center, aufgenommen hinter einem Verkehrsschild

Das Kaufhaus bleibt in der Not Foto: Lennart Stock/dpa

BERLIN taz | Es klingt erst einmal vorbildlich: Trotz des zweiten Insolvenzverfahrens der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH innerhalb von zwei Jahren glaubt der Berliner Senat „an die Zukunft der Berliner Kaufhäuser“. Das verkündete Wirtschaftssenator Stephan Schwarze (SPD) am Dienstag nach einem Treffen mit Timo Herzberg, dem CEO der österreichischen Signa-Holding, die als Eigentümerin des Warenhauskonzerns fungiert. Als Beweis wolle man an den Vereinbarungen der Absichtserklärung festhalten, die der Senat vor zwei Jahren im Zuge der letzten Pleite mit Signa geschlossen hat.

In dem „Letter of Intent“ genannten Deal sicherte Signa drei- bis zehnjährige Bestandsgarantien für vier Berliner Karstadt-Filialen zu. Im Gegenzug machte der Senat den Weg frei für drei städtebaulich umstrittene Hochhausprojekte des Unternehmens.

Doch das Festhalten an der rechtlich nicht bindenden Absichtserklärung ist kein Beweis für „die Zukunft der Berliner Kaufhäuser“, sondern eher dafür, dass der Berliner Senat weiterhin dazu bereit ist, sich für die Profitinteressen des österreichischen Immobilienkonzerns an der Nase herumführen zu lassen.

Denn mit der Absichtserklärung ist der unvermeidbare Niedergang des Warenhauskonzerns nur aufgeschoben. Das war auch schon bei Abschluss des Deals vor zwei Jahren klar. Und zwar nicht, weil das „Konzept Warenhaus“ keine Zukunft hätte, sondern weil die Signa-Gruppe ihr Geld in erster Linie durch Aufwertung und Spekulation mit Immobilien verdient. Jeder Euro, den Signa in das Warenhausgeschäft investiert, ist ein Verlust, da er in der Immobiliensparte weit höhere Renditen abwirft.

Beschäftigte verzichten auf Lohn, Filialen werden verkleinert

Statt zu investieren, wird der Warenhauskonzern, den Signa 2014 für nur einen Euro erwarb, ausgeschlachtet: Beschäftigte verzichten auf Lohn, Belegschaften und Filialen werden verkleinert, die Standorte mit den besten Immobilienlagen werden abgerissen und durch profitable „Mixed-use-Immobilien“ ersetzt, in denen das Warenhaus nur ein Mieter unter vielen ist. So sind nach dem Karstadt-Umbau am Hermannplatz über die Hälfte der Geschossfläche für Büros vorgesehen.

Traurig ist, dass der Senat weiterhin dieses Spiel mitspielt. Dabei sind die Begründungen, weswegen jede Filiale mit aller Macht gerettet werden soll, schon lange hinfällig. Innenstädte veröden nicht, weil Einzelhandel dicht macht, sondern weil es außer Einzelhandel nichts Erlebenswertes mehr dort gibt. Besonders in Berlin gibt es ein Überangebot an Einzelhandelsflächen. Malls und prestigeträchtige Einkaufsstraßen wie die Friedrichstraße klagen seit Jahren über schwindende Umsätze.

Ironischerweise tragen Signas Bauprojekte, die der Senat ermöglichen will, genau zu dieser Verödung bei. Tausende Quadratmeter Bürofläche locken niemanden in die City. Auch bedeutet der Wegfall von 1.800 Galeria-Arbeitsplätzen in Zeiten des Fachkräftemangels keine Massenarbeitslosigkeit mehr, sondern in den meisten Fällen einen Wechsel zu H&M oder Rewe.

Doch diese Erkenntnis ist an entscheidenden Stellen des Senats, besonders der Beton-Fraktion um Bausenator Andreas Geisel (SPD), noch nicht durchgesickert.

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