Petition der Woche: Das 26-Grad-Ziel

Energiesparen ist wichtig. Aber zu kaltes Wasser im Becken könnte Kinder vom Schwimmunterricht abhalten. Mehrere Petitionen wollen das verhindern.

Ein Mädchen lernt Schwimmen mit einer Schwimmnudel.

Gänsehaut statt Seepferdchen? Ein Kind mit einer rosa Schwimmnudel Foto: imago

Die Beliebtheit von Eisbaden im Winter nimmt seit einigen Jahren zu. Doch nicht bei allen. Freiwillig ins Wasser unbeheizter Freibäder zu hüpfen, war selbst im Sommer für viele eine Herausforderung. Nun befinden sich Hallenbäder im Energiesparmodus, in vielen Kommunen wurde zum Start der Herbst-Winter-Saison die Wassertemperatur etwas heruntergedreht. Bäder und Schwimmvereine kommen damit der Forderung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) nach, Ressourcen einzusparen. Ziel ist es, pauschale Schließungen von Schwimmbädern und Sportstätten zu vermeiden, wie es in einem 3-Stufen-Plan zur Energiereduktion der DOSB heißt.

Mit der Senkung der Temperaturen steigt allerdings die Sorge um die Schwimmausbildung von Kindern und Jugendlichen. Deshalb fordern verschiedene Petitionen jetzt unter dem Motto „Schwimmen statt Frieren“, dass der Schwimmunterricht unter geeigneten Bedingungen stattfindet – und damit ist explizit auch die Temperatur gemeint. Ein Kritikpunkt: Neoprenanzüge gegen die Kälte schränkten die Bewegungsfreiheit ein und verschlechterten die Schwimmleistungen.

Dabei klingt „Frieren im Schwimmunterricht“ erst einmal nach einem Luxusproblem. Auch die Le­bens­ret­te­r:in­nen der DLRG sind eigentlich der Meinung: „Lieber ein kälteres Schwimmbecken als ein geschlossenes Bad.“ Denn die allgemeine Schwimmfähigkeit ist nach DLRG-Schätzungen während der Pandemie weiter zurückgegangen. Zwar ist die Zahl abgenommener Schwimmprüfungen zuletzt wieder gestiegen, doch jener Aufschwung könnte von kurzer Dauer gewesen sein, sollten die Hallenbäder über die kommenden Monate schließen müssen.

Eine der verbreiteten Sparmaßnahmen ist die Senkung der Beckentemperatur auf 26 Grad. Die Berliner Bäder-Betriebe beispielsweise erhoffen sich dadurch eine Energieeinsparung von bis zu 10 Prozent. Einigkeit herrscht auf allen Seiten darüber, dass eine Senkung auf unter 26 Grad zu niedrig wäre. Denn besonders bei Anfängerschwimmkursen frieren viele Kinder schnell und brauchen häufiger Pausen, um sich aufzuwärmen. Das verzögere die Ausbildungsdauer, was angesichts langer Wartelisten zu einem zunehmenden Problem werde, so ein Sprecher der DLRG.

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Die In­itia­to­r:in­nen der Petitionen kritisieren zudem die steigenden Hürden für den „Sprung ins kalte Wasser“. Mit einem Blick auf die relativ hohen Anmeldezahlen für Kurse, Prüfungen und Abzeichen scheint das Interesse bisher allerdings noch nicht zu sinken. Das bestätigt jedenfalls eine Sprecherin der Berliner Bäder-Betriebe auf Anfrage der taz.

Die Petitionen zum „Schwimmen statt Frieren“ knüpfen jedoch auch noch an eine andere, größere Diskussion an: an die Frage, wo mit dem Energiesparen begonnen werden sollte. Welche Einschränkungen können auf privater Ebene verlangt werden – und welche nicht? Dabei herrscht keineswegs Unverständnis für die Maßnahmen, die Petitions-Initiator:innen und die DLRG sind sich der Notwendigkeit der Einsparungen bewusst. Reduziert ein Hallenbad seinen Energieverbrauch um 10 Prozent im Jahr, entspricht das immerhin dem durchschnittlichen jährlichen Wohn­energieverbrauch von rund 115 Privatpersonen.

In Berlin zumindest scheinen die Sparmaßnahmen für die Bäder-Be­su­che­r:in­nen erträglich. Man freue sich, dass die Bäder trotz Energiekrise weiterhin geöffnet seien, heißt es von Betreiberseite. Solange der Schwimmunterricht nach wie vor stattfinden kann, sind 26 Grad wohl ein guter Kompromiss.

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