Einreiseverbot in Armenien: RT-Chefin unerwünscht

Die Chefredakteurin des Propagandasenders Simonjan darf wohl nicht mehr nach Armenien reisen. Mehrfach war sie dem Land gegenüber ausfällig geworden.

Eine schwarzhaarige Frau blickt kalt zur Seite

Einreise in Armenien verweigert für Simonjan Foto: Evgenia Novozhenina/reuters

BERLIN taz | Die Chefredakteurin des russischen Propagandasenders RT, Margarita Simonjan, kommt dieser Tage aus den Schlagzeilen gar nicht mehr heraus. Nachdem sie vor wenigen Tagen ihren Sendedirektor Anton Krassowski entlassen hat – er hatte öffentlich gefordert, ukrainische Kinder zu ertränken –, arbeitet sie sich jetzt an der Südkaukasusrepublik Armenien ab. Laut einer Notiz in ihrem Telegram-Kanal vom Dienstag haben die armenischen Behörden ihr die Einreise verweigert. Wann die Entscheidung getroffen wurde und aus welchem Grund, wird den Le­se­r*in­nen allerdings vorenthalten.

Simonjan, selbst armenisch-stämmig, ist schon seit Längerem in Jerewan nicht gern gesehen. Im Sommer 2020, als sich erneut eine Zuspitzung des Konfliktes zwischen Armenien und Aserbaidschan um die von Ar­me­nie­r*in­nen bewohnte Region Bergkarabach abzeichnete, beschuldigte sie Armenien, die „Interessen des großen armenischen Volkes verraten“ zu haben.

Trotz der Wohltaten und des Schutzes Russlands habe Armenien die Krim nicht als russisch anerkannt. In Armenien tummelten sich Nichtregierungsorganisationen, die der Jugend beibrächten, wie man die Staatsmacht in Russland stürze. Nach all dem habe Russland das Recht, auf Armenien zu spucken und das Land zu zermalmen, postete die RT-Chefredakteurin.

Am 27. September 2020 brach der Krieg um Bergkarabach aus, der 44 Tage dauerte, 6.000 Tote forderte und für Armenien Gebietsverluste in und um Bergkarabach zur Folge hatte. Mithilfe Moskaus wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt, den russische „Friedenstruppen“ (2.000 Soldaten) überwachen sollen.

Russland kündigt Gespräche an

Doch Armeniens Vertrauen in die Schutzmacht Russland ist nachhaltig erschüttert. Mehrmals hatte Jerewan in der Vergangenheit das von Moskau geführte Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) um Beistand gebeten – vergeblich.

Das änderte sich auch nicht, als der Konflikt im vergangenen September erneut aufflammte und auf beiden Seiten innerhalb weniger Tage über 100 Menschen getötet wurden. Dabei ging es allerdings nicht direkt um Bergkarabach.

Armenien beschuldigt den Nachbarn, auf armenisches Territorium vorgedrungen zu sein und so seine Souveränität verletzt zu haben. Baku ist darum bemüht, einen Korridor zur autonomen aserbaidschanischen Republik Nachitschewan zu schaffen, was eine Verbindung zur angrenzenden Türkei – ein militärischer Verbündeter Aserbaidschans –, ermöglichen würde.

In der vergangenen Woche hatte der Rat der EU beschlossen, bis zu 40 Überwachungsexperten auf die armenische Seite der Grenze zu Aserbaidschan zu entsenden, um die Lage zu beobachten, zu analysieren und darüber Bericht zu erstatten.

Moskau Reaktion auf diesen Beschluss erfolgte prompt. Der Westen versuche, in der Ukraine ausgearbeitete Konfrontationsschemata zu übertragen. Man sehe, welchem beispiellosen äußeren Druck Armenien unterworfen sei. Für den armenischen Politologen Gurgen Simojan ist die Botschaft eindeutig: Das müsse als eine Drohung an die Adresse Jerewans gewertet werden, zitiert ihn das Onlineportal JAM-News.

Am Dienstag ließ der Kreml trilaterale Gespräche zwischen Armenien, Aserbaidschan und Russland ankündigen. Ort und Datum stehen noch nicht fest.

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