Corona entzweit Berliner Senat: Maske ja, aber nicht als Pflicht

Die rot-grün-rote Landesregierung mag das Maskentragen nur empfehlen. Auch Brandenburgs Regierung entscheidet sich gegen eine Pflicht.

Das Bild zeigt Berlins Regierungschefin Franziska Giffey (SPD).

Regierungschefin Giffey (SPD) mag Maskentragen drinnen nur empfehlen, aber nicht zur Pflicht machen

BERLIN taz | Trotz Warnungen von Ärzten und Krankenhäusern vor einer möglichen Überlastung von Klinken hat sich der rot-grün-rote Senat am Dienstag gegen eine Maskenpflicht in Innenräumen ausgesprochen und ruft lediglich unverbindlich dazu auf. Die Pflicht besteht wie bisher nur in Bus und Bahn. Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) begründete das vor allem mit dem Wunsch nach regionaler und möglichst bundesweiter Einheitlichkeit und Zweifel an der Durchsetzbarkeit einer solchen Pflicht. Die jetzige Entscheidung ist aber Giffey zufolge nicht in Stein gemeißelt: „Es ist kein Ausschluss von Maßnahmen, es ist eine Vereinbarung für die nächsten vier Wochen.“ Sie gilt bis zum 24. November.

Die Landesregierung entschied sich damit mehrheitlich gegen die Empfehlung von Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) zur Maskenpflicht in bestimmten Innenräumen. Gote hatte schon vor knapp zwei Wochen vor Journalisten dafür geworben. Laut Giffey ging es um eine Pflicht in bestimmten öffentlichen Gebäuden wie Hochschulen, Bibliotheken und Museen sowie im Einzelhandel, nicht aber in Clubs, in der Gas­tronomie oder bei Kulturveranstaltungen. Weil die Pflicht deshalb nicht einheitlich gegolten hätte, äußerte die Regierungschefin auch Zweifel an der Haltbarkeit eines solchen Beschlusses vor Gericht. Giffey machte deutlich, dass im Senat dazu weiter ein Konflikt schwelt.

Vorrangig aber sprach aus Sicht der Regierungschefin eines gegen eine Pflicht: Ihre Erfahrungen von der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz. Bei der hätten sich die 15 anderen Bundesländer gegen eine Maskenpflicht ausgesprochen, auch jene mit einer weit höheren Quote von Coronakranken in Kliniken als Berlin. „Ich finde es wichtig, dass wir keinen Alleingang haben“, sagte sie. Eine besondere Rolle spielte dabei, dass sich auch in Brandenburg die Landesregierung über die Bedenken ihrer gleichfalls grünen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher hinwegsetzte. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) habe gerade mit Blick auf den Einzelhandel um Einheitlichkeit gebeten, sagte Giffey.

Ministerin Nonnemacher macht aber klar, dass schärfere Coronaregeln nicht komplett vom Tisch sind. „Das Kabinett hat sich darauf verständigt, dass bei Erreichen von Alarmwerten zur stationären Versorgung über weitere Schutzmaßnahmen beraten werden muss“, sagte sie in Potsdam. „Dieser Fall kann durch die dynamische Entwicklung der Belastung des Gesundheitssystems und der Fallzahlen schnell eintreten.“

Der Fonds 20 Millionen Euro sollen ab Jahresbeginn Berliner Haushalten zur Verfügung stehen, die durch die Energiepreissprünge von Energiesperren bedroht sind, kündigte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Dienstag an. Geplant ist ein digitales Antragsverfahren. Das Prüfverfahren werde nicht von den Sozialämtern übernommen, dafür soll ein Dienstleister beauftragt werden. (dpa)

Netzwerk der Wärme 11 Millionen Euro will der Senat bereitstellen, um „Orte der Begegnung und des sozialen Austauschs“ zusammenzuführen. Senatorin Kipping nannte als Beispiele Bibliotheken, Stadtteil- und Familienzentren. Ziel ist laut Rot-Rot-Grün, die soziale Infrastruktur in der Stadt zu stärken. (dpa)

Im Roten Rathaus machte Giffey in der Pressekonferenz der Berliner Landesregierung bei Zahlen zur Coronalage eine unglückliche Figur: Der von ihr als aktueller Stand für die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz genannte Wert war nur halb so hoch wie der am Dienstag im aktuellen Lagebericht ihrer eigenen Senatskanzlei angegebene. Von Journalisten auf diesen Widerspruch hingewiesen, rettete sich Giffey in die Formulierung: Das möge so sein, dem Senat sei es aber um den grundsätzlichen Umgang gegangen. Die Hospitalisierungsinzidenz, aktuell wichtigster Indikator, gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner binnen der vorangegangenen sieben Tage mit oder wegen Corona ins Krankenhaus kamen.

Giffey ging davon aus, dass die Berliner Bevölkerung großteils selbst an bestmöglichem Schutz interessiert ist – und dass grundsätzliche Maskengegner mit einer Pflicht nicht zu überzeugen sind. „Das Thema Durchsetzung ist auch eins, über das wir sprechen müssen“, sagte sie. Ohne konkreter zu werden, kündigte sie eine bessere Durchsetzung der Maskenpflicht in Bussen und Bahnen an. Die Berliner Verkehrsbetriebe hatten den Anteil der Maskenträger am Montag mit lediglich 70 Prozent angegeben.

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