Viel mehr, als nur Sterne gucken

Im Zeiss-Großplanetarium können Be­su­che­r:in­nen neben der Beobachtung von Sternen und der Beschäftigung mit astronomischen Phänomenen auch Konzerte mit Rundumbeschallung und 3-D-Projektionen erleben

Planetarien können viel mehr leisten als die reine wissenschaftliche Aufarbeitung von Astronomie Foto: Natalie Toczek

Von Andreas Hartmann

Heute ab 11.10 Uhr kann man ein seltenes Himmelsschauspiel erleben. Der Mond wird sich vor die Sonne schieben und diese teilweise verdecken. Es wird eine partielle Sonnenfinsternis geben, etwas, was man erst in zweieinhalb Jahren wieder beobachten kann.

Die Archenhold-Sternwarte im Treptower Park, das Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg und die Wilhelm-Foerster-Sternwarte in Schöneberg laden ein, das astronomische Großereignis in passendem Rahmen zu bewundern. Es wird an diesen Orten Kurzvorträge und Hintergrundinformationen geben, damit man besser einordnen kann, was man beim Blick in den Kosmos sehen kann.

Sterne beobachten, planetarische Phänomene erklären, das ist sozusagen business as usual für die Planetarien und Sternwarten in Berlin, von denen es je zwei an der Zahl gibt und die 2016 zur Stiftung Planetarium Berlin zusamengeschlossen wurden.

Etwas ungewöhnlicher ist da schon das Programm, das heute Abend im Zeiss-Planetarium geboten wird. Auch irgendwas mit Sternen, klar, aber vor allem wird es ein Konzert des bekannten Berliner Schauspielers Tom Schilling mit seiner Rockband Die andere Seite geben. Live wird er sein neues Album dort präsentieren. Versprochen wird, so die Homepage der Berliner Planetarien, “eine 360°-Konzerterfahrung mit überwältigenden Fulldome-Projektionen in 3-D-Sound.“ Welcher andere Konzertsaal in Berlin könnte schon so etwas bieten?

Ein Rockkonzert im Planetarium? Ja, in Berlin läuft so etwas. Und noch so einiges mehr, was man nicht unbedingt mit diesen Orten zusammenbringt, von denen man doch eigentlich denkt, sie dienten vor allem der Wissenschaft.

Man trifft Tim Florian Horn, den Präsidenten der Stiftung Planetarium Berlin, in seinem Büro im Zeiss-Planetarium, einem der größten Institutionen ihrer Art. Seit neun Jahren ist er hier und entscheidend dafür verantwortlich, dass vor allem am Standort im Prenzlauer Berg längst mehr geht als die wissenschaftliche Aufbereitung von Astronomie. Ein aufgeschlossener Mann, dem man seine vielseitigen Interessen anmerkt. Aus dem Stegreif kann er locker auch Laien erklären, was ein Schwarzes Loch ist und welche Bedeutung dem Planeten Jupiter in unserem Sonnensystem zukommt. In seinem Bücherregal steht aber auch eine DVD-Box mit „Star Wars“-Filmen, und er bekennt sich schuldig, Fan von diesen zu sein. Zumindest von den Episoden IV bis VI.

Er sagt, die Entwicklung der Planetarien weg von reinen Orten der Wissenschaftsvermittlung gebe es durchaus auch in anderen Städten. Dort hießen sie teilweise sogar gar nicht mehr Planetarium, sondern Science- oder Medien-Dom. „Was ist die Aufgabe eines Planetariums? Worin besteht seine Relevanz? Was für eine Art Kultur- und Bildungsort kann es sein?“ Diese Fragen beschäftigten auch andere. Er glaubt aber, wohl kaum jemand gehe in deren Beantwortung so weit wie die ihm unterstellten Institutionen. „Es geht nicht darum, hier die Sterne zu zählen“, sagt er, „sondern einen Ort zu schaffen, an dem Wissenschaft, Kunst und Kultur zusammenkommen.“

Eine 360-Grad-Konzerterfahrung mit Fulldome-Projektionen in 3-D-Sound

Und es gibt wirklich einen Haufen ziemlich abgefahrener Veranstaltungen vor allem im Zeiss-Planetarium. Dort kann man beispielsweise unter der gewaltigen Kuppel durch das All reisen anhand von Projektionen mit modernster Technik und dazu Jazz hören. Oder die Musik der Band Queen. „We are the champions“, und ab geht es durch das Universum. Oder es wird der Klassiker „Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd bei dem Trip durch die Galaxie aufgelegt. Oder es läuft „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Oder ein DJ legt live auf.

Was bei all diesen Events bleibe, sei die „Referenz zur Astronomie“, so Horn. Einfach nur Konkurrenz zu anderen Veranstaltungsorten in Berlin wolle er also nicht sein. Aber es gebe auch immer mehr Performer, die ausdrücklich mal gerne bei ihm auftreten würden. Der Berliner Star-DJ Oliver Koletzki etwa, der kurz vor Weihnachten drei Tage hintereinander im Zeiss-Planetarium auflegen wird. Koletzki nannte schon vor Jahren einen seiner Tracks „Planetarium“. Wenn man den DJ fragt, was ihn an diesen Orten so begeistere, sagt er: „Ich finde, ein Planetarium ist ein wirklich magischer Ort. Genau wie als Kind fasziniert mich der Sternenhimmel noch heute. Er ist das denkbar schönste Hilfsmittel, den Gast meiner Konzerte an einen anderen Ort zu transportieren.“

Derzeit lässt Horn Computerspiele entwickeln, die man dann unter seiner Kuppel zocken kann. Ständig was Neues eben. Der Zuspruch für derart ungewöhnliche Ideen sei da, meint er. In den letzten Jahren hätten sich die Besucherzahlen an seinen Häusern verfielfacht. Und er hofft, dass das so bleiben wird und „die Leute nicht irgendwann sagen: macht mal lieber wieder eure Sterne, und gut ist“.

Live Radiant: „Die andere Seite“ mit Tom Schilling. Heute ab 21 Uhr im Zeiss-Großplanetarium