Kritik an Cybersicherheits-Bundesamt: BSI-Chef Schönbohm soll gehen

Innenministerin Faeser will den Chef des Cybersicherheits-Bundesamt ablösen lassen. Vorangegangen waren Vorwürfe über mutmaßliche Kontakte zum russischen Geheimdienst.

Arne Schönbohm, ein alter Mann nit Glatze und Brille.

Soll entlassen werden: BSI-Chef Arne Schönbohm Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

BERLIN taz | Am Donnerstag wollte Arne Schönbohm zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor die Presse treten und den Jahresbericht seines Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorstellen, ein zentraler Termin für seine Behörde. Doch daraus wird nichts: Am Montag wurde die Pressekonferenz kurzfristig abgesagt. Mehr noch: Schönbohm soll auch noch sein Amt verlieren.

Aus Regierungskreisen erfuhr die taz am Montag, Schönbohm solle „zeitnah abgelöst“ werden. Schon am Sonntagabend hatten Medien über die geplante Versetzung berichtet. Wann genau diese erfolgt, blieb vorerst offen. Da der 53-Jährige kein politischer Beamter ist, ist seine Ablösung komplizierter.

Zuvor hatte am Freitagabend das „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann über Verbindungen der deutschen Cybersicherheitsfirma Protelion nach Russland berichtet – ein Unternehmen, das auch Mitglied im umstrittenen Verein Cyber-Sicherheitsrat ist, den Schönbohm 2012 mitgründete und bis 2016 als Vorsitzender anführte.

Protelion ist ein Ableger des russischen Unternehmens Infotecs, das Verbindungen zu russischen Geheimdiensten haben soll. Seit Juni 2020 ist das Unternehmen Mitglied des Cybersicherheitrat-Vereins. Noch im September hatte Schönbohm eine Festrede bei dem Verein gehalten – was ihm nun sein Amt kosten könnte.

Genehmigte Faesers Staatssekretär den Auftritt?

Das BSI reagierte bisher nicht auf den Bericht und die geplante Ablösung von Schönbohm. Auch Faeser äußerte sich dazu vorerst nicht. Die Ablösung könnte sich auch deshalb schwierig gestalten, weil laut Business Insider Faesers Staatssekretär Markus Richter die Festrede Schönbohms beim Cybersicherheitsrat-Verein vorab bekommen und abgesegnet haben soll.

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte Aufklärung über die Vorwürfe. „Es stehen ernste Fragen und Vorwürfe im Raum“, sagte er der taz. „Gerade weil es sich beim BSI um eine wichtige und kompetente Behörde für einen sehr sensiblen Bereich handelt. Unabhängig von personellen Konsequenzen müssen die Hintergründe dieser Angelegenheit schnell und restlos aufgeklärt werden.“

Schönbohm leitet das BSI seit 2016. Schon länger wurde ihm von Kri­ti­ke­r:in­nen vorgeworfen, sich nicht eindeutig von russischen Geheimdienstkreisen abzugrenzen. Auf der anderen Seite wird auch von IT-Sicherheitsexpert:innen gelobt, dass Schönbohm das BSI in seiner Amtszeit reformierte und ausbaute.

Digitalausschuss wird sich mit Vorwürfen befassen

Auch der Digitalausschuss des Bundestags will sich mit der Personalie befassen. Die Linkenabgeordnete Anke Domscheit-Berg beantrage dazu einen Tagesordnungpunkt für die kommende Sitzung am Mittwoch. Die Vorwürfe seien „unfassbar“, erklärte Domscheit-Berg.

Derweil schloss der Cybersicherheitsrat-Verein am Montag Protelion „mit sofortiger Wirkung“ aus seinen Reihen aus. Das Agieren von Protelion sei „ein Verstoß gegen die Vereinsziele“, erklärte deren Präsident Hans-Wilhelm Dünn. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien „nicht vereinbar mit dem Kampf gegen Cyberkriminalität und der Förderung von Cybersicherheit“.

Dass sein Verein selbst von russischen Stellen beeinflusst sei, nannte Dünn „absurd“. Jenseits der Mitgliedschaft von Protelion habe es „weder Gespräche noch gemeinsame Projekte“ gegeben – und demnach auch keine Einflussnahme. Die Verbindungen von Protelion zu russischen Diensten seien nicht bekannt gewesen, die Aufklärung unterstütze man, so Dünn. In der Vergangenheit waren diese Worte nicht so deutlich.

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