Klimaschutz im Wohnungsbau: Mit gutem Willen und etwas Kohle

Der Hamburger Senat hat untersuchen lassen, wie der Bestand an Wohnungen bis 2045 klimaneutral werden könnte. Er setzt auf Kooperation und Förderung.

Ein Arbeiter verputzt eine Wand mit Wärmeisolierung

Viel zu tun für Handwerker: Wärmeisolierung Foto: Jochen Tack/imago

HAMBURG taz | Dämmung, neue Fenster, Nahwärme: Den Hamburger Wohnungsbestand bis 2045 klimaneutral zu gestalten ist machbar, ohne dass es zu einem Aufstand der Mieter und Eigentümer kommt. Eine Studie im Auftrag des rot-grünen Senats hat ermittelt, dass dafür 1,7 statt bisher ein Prozent des Bestandes pro Jahr im Sinne des Klimaschutzes saniert werden könnten.

Stand September vergangenen Jahres dürfte das 32 Milliarden Euro kosten. Der Senat setzt dabei auf den Anreiz hoher Energiepreise und die ökologische Einsicht der Vermieter. Zudem will er ein neues Förderprogramm auflegen, für das er in den nächsten vier Jahren in Summe 210 Millionen Euro locker macht.

Auf ordnungsrechtliche Vorgaben, die über die des Hamburger Klimaschutzgesetzes hinausgehen, will Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) verzichten. Das Gesetz sieht vor, dass nach einem Heizungstausch ein „Mindestanteil von 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt“ werden muss.

Die Studienautoren der fünf beteiligten Beratungsbüros gehen davon aus, dass der größte CO2-Minderungseffekt sich durch eine CO2-freie Strom- und Wärmeversorgung einstellt. Diese ergibt sich zum einen auf bundespolitischer Ebene durch den steigenden Anteil an grünem Strom, auf Landesebene durch die Bemühungen des Senats, die von der Stadt bereit gestellte Fernwärme CO2-neutral zu machen.

Größter Hebel bei Nachkriegsbauten

Für das, was darüber hinaus geht, schlägt die Studie einen Sanierungsfahrplan vor. Das heißt, gesteuert durch Fördergeld soll zunächst dort investiert werden, wo es am meisten bringt und wo die Mieter am wenigsten belastet werden. Das betrifft zum einen Maßnahmen, die wenig kosten und zum Teil schon vorgeschrieben sind, wie den hydraulischen Abgleich der Heizung oder effiziente Heizungspumpen.

Zum anderen haben die Berater eine Baualtersklasse ausgemacht, die sich als erstes Sanierungsziel eignet. „Wir können erkennen, welche Bestände die größte Hebelwirkung haben“, sagte Dietmar Walberg von der Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgenössisches Bauen (Arge), und das seien die oft sehr anspruchslos gemachten Häuser aus dem Wiederaufbau der Jahre 1949 bis 1978.

Die von den Studienautoren vorgeschlagene Sanierungsrate ist so gewählt, dass die energetischen Verbesserungen an den Gebäuden in der Regel als Sanierungen verbucht werden können. Im Gegensatz zu Modernisierungen können diese nicht auf die Mieter umgelegt werden. Der Clou dabei ist, dass keine Bauteile ausgetauscht werden, bevor sie nicht das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben.

Der Umweltverband BUND kritisierte, dass Stadtentwicklungssenatorin Stapelfeldt explizit auf Freiwilligkeit setzt. Dabei seien doch bereits deutlich niedrigere Fördertöpfe in der Vergangenheit bei weitem nicht ausgeschöpft worden. „Eine verantwortungsvolle Klimapolitik braucht aber klare politische Vorgaben, zumal der Gebäudesektor für rund 30 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland verantwortlich ist“, sagt BUND-Landesgeschäftsführer Lucas Schäfer.

Linke fordert Vorgaben

Aus Sicht der Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann von der Linken geht es nicht ohne staatliche Vorgaben: „Wir brauchen im gesamtstädtischen Interesse für die Energiewende eine starke staatliche Komponente, die die Fernwärme und Energiekonzepte für Quartierslösungen auch ordnungspolitisch präferiert.“

Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), in dem vor allem Genossenschaften und öffentliche Unternehmen organisiert sind, lobte eben diesen Quartiersansatz, den er schon lange fordert. Dieser überlässt es den Unternehmen, ob sie Fassaden dämmen oder lieber die Abwärme eines benachbarten Industriebetriebes anzapfen. Das könnte auch eine Lösung sein für die zwölf Prozent der Wohngebäude, deren Fassade nicht gedämmt werden soll, weil sie denkmalgeschützt ist oder das Stadtbild prägt.

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