Klimastreik in Berlin: Der Druck bleibt hoch

Deutlich mehr Menschen als erwartet gehen in Berlin für Klimaschutz auf die Straße. Und es sind nicht mehr nur Schü­le­r*in­nen – ein gutes Zeichen.

Demonstration von Fridays for Future in Berlin

Die Friedrichstraße war brechend voll: Klimastreik von Friday for Future in Berlin Foto: Christian Mang/reuters

Im Vorfeld war viel spekuliert worden: Schafft es die Bewegung Fridays for Future noch einmal, mit ihrem Klimastreik ein starkes politisches Signal für die Energiewende zu setzen? Werden genügend Menschen zu den weltweiten Demonstrationen kommen, mitten in den sich überlappenden schweren Krisen, nach den für Protesten schwierigen Jahren der Coronapandemie?

Zumindest für Berlin lässt sich sagen: Ja. Mehrere zehntausend Menschen sind am Freitag für Klimaschutz und -gerechtigkeit, für eine nachhaltige Energie- und Verkehrspolitik und gegen die unerträgliche Blockadehaltung der FDP in der Ampelkoalition auf die Straße gegangen. Selbst in Zeiten der Angst vor den ökonomischen Auswirkungen der drastisch steigenden Energiepreise existiert bei vielen ein klimapolitisches Gewissen. Das ist eine gute Nachricht.

Denn man kann ja davon ausgehen, dass die Streikenden wissen: Klimaschutz, wie er aktuell nötig wäre, um die Erderwärmung auch nur auf zwei Grad zu begrenzen, und wie ihn etwa ein Volksbegehren in Berlin fordert, wird teuer, richtig teuer. Und er wird zahlreiche Einschränkungen mit sich bringen und den Alltag gründlich verändern.

Wer hier einwendet, das könne den protestierenden Schü­le­r*in­nen egal sein, da sie im ihrem Alter die Kosten noch nicht tragen müssten, greift zu kurz. Die Auswirkungen würden auch sie spüren, und am Freitag waren längst nicht mehr nur Kinder und einige ihrer Eltern demonstrieren. Die Altersspanne war sehr, sehr breit, und Menschen um die 40 ohne Kinder stellten einen guten Teil des Protests. Der Klimastreik war nicht mehr überwiegend ein Schulstreik. Auch das ist eine gute Nachricht.

Rückenwind für radikale Einschnitte

Der erfolgreiche Protest am Freitag wird all jenen Rückenwind geben, die dafür plädieren, die aktuelle Energiekrise für einen raschen und grundsätzlichen Wandel der Energieerzeugung zu nutzen, nun da Gas nur noch auf teuren Umwegen verfügbar und Kohle keine Alternative mehr ist. Sie könnte auch dem Klimavolksbegehren in Berlin den dringend nötigen Schub geben, um die erforderlichen 170.000 Unterschriften für einen Volksentscheid zusammenzubekommen.

Gelingt das, führt der Druck von der Straße direkt zu einer Auseinandersetzung in Politik und Gesellschaft. Mehr kann man sich von einem Protest nicht wünschen.

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Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.

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