AlliiertenMuseum will neuen Standort: Die Flieger und der Flughafen

Das AlliiertenMuseum drängt es von Dahlem in den Flughafen Tempelhof. In einer aktuellen Sonderausstellung zeigt es, wie das gehen soll.

Flugzeuge und ein Jeep in einer Ausstellungssimulation in einem Flughafen-Hangar

Das AlliiertenMuseum mit den Fliegern im Flughafen, eine Vision Foto: AlliiertenMuseum

BERLIN taz | Im Hof des AlliiertenMuseums in Dahlem steht einer der sogenannten Rosinenbomber, mit denen die Westalliierten nach der Blockade Westberlins durch die Sowjetunion in den Jahren 1948 und 1949 die Westsektoren der Stadt mit Lebensmitteln und die Kinder auch mit Schokolade versorgten. In der Dauerausstellung des Museums wird anhand diverser Objekte von Soldatenuniformen bis hin zu amerikanischen Jeeps die wildbewegte Geschichte Berlins von der Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Allierten über die Rolle der Stadt als Dreh- und Angelpunkt im Kalten Krieg bis hin zur Wiedervereinigung erzählt.

Das 1998 eröffnete Museum ist eigentlich ganz schön gelegen da draußen in der Clayallee, wo einst die amerikanischen Truppen Wohnsiedlungen und diverse Einrichtungen unterhielten. Untergebracht ist es in einer ehemaligen Bibliothek und einem alten Kino der Amerikaner.

Trotzdem möchte man weg von hier. Weg vom Stadtrand, rein ins Zentrum Berlins: in den Hangar 7 des stillgelegten Flughafens Tempelhof.

Die Gründe dafür sind mannigfaltig, wie Uta Birkemeyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums, bei der Präsentation der eben eröffneten Sonderausstellung „Ein Museum im Zeichen der Freiheit“ – in der die „Vision für das neue AlliiertenMuseum am Flughafen Tempelhof“ gezeigt wird – erläutert. Einmal: Der geplante neue Standort verspricht eine bessere Verkehrsanbindung, und die bessere Lage verheißt mehr Publikum. Statt 70.000 Besucher und Besucherinnen im Jahr erhofft man sich mit 360.000 mehr als fünfmal so viele. Und mehr Platz, um vor allem weitere Großobjekte präsentieren zu können, habe man dort auch. Die Ausstellungsfläche soll sich von aktuell etwa 2.250 Quadratmetern auf 5.000 mehr als verdoppeln. In Animationen, die das Museum über seine erwünschte Zukunft erstellt hat, hängen Flugzeuge und Hubschrauber an der Decke und es stehen einige Panzer herum. Objekte, die bereits in Tempelhof lagerten, so Birkemeyer, für deren Präsentation in Dahlem jedoch der Platz fehle.

Sonderausstellung In der Schau „Ein Museum im Zeichen der Freiheit“ blickt das AlliiertenMuseum auf einen möglichen Umzug in den Flughafen Tempelhof. Zu sehen ist sie bis 19. März 2023 an alter Stätte dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr in der Clayallee 135. Eintritt frei.

Dialog Um mit den Interessierten in einen Dialog zu treten, wird die Präsentation von verschiedenen Veranstaltungsformaten begleitet werden.

Die Geschichte als Argument

Ein weiteres Argument für Tempelhof lautet: Hier gehöre dieses Museum einfach aus historischer Sicht hin. Vor allem über den Flughafen Tempelhof wurde schließlich damals die Luftbrücke organisiert, der Rosinenbomber im Hof würde also dorthin zurückkehren, wo er einst zigmal landete. Der Flughafen Tempelhof, so Birkemeyer, sei demnach „der einzig richtige Ort“ für ihr Museum.

Geplant an diesem sei auch eine nicht zuletzt inhaltliche „Neuausrichtung“. „Multiperspektivischer“ wolle man die gemeinsame Geschichte Berlins und der Alliierten dort erzählen. Keine schlechte Idee, denkt man sich, angesichts eines Museums, das man aktuell wohl eher WestalliiertenMuseum nennen müsste. Es mag auch in der Struktur der Institution begründet sein, die von einem Verein getragen wird, deren Mitglieder neben der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin Frankreich, Großbritannien und die USA sind, aber nicht Russland.

Dessen Abwesenheit beziehungsweise die der Sowjetunion ist jedenfalls schon ziemlich auffällig. Draußen im Hof hängen groß die Fahnen der westlichen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, aber keine Repräsentation ihres damaligen Verbündeten, der Sowjetunion.

Der Diktator Stalin mag nicht den besten Leumund haben, und das Museum beschäftigt sich dezidiert weniger mit dem Zweiten Weltkrieg als mit der Zeit danach, aber die Rolle der Sowjetunion als Befreier Berlins vom Naziterror bleibt hier doch ganz schön unterbelichtet. Immerhin liegen Flyer aus, die das Deutsch-Russische Museum in Karlshorst bewerben, das seit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine Museum Berlin-Karlshorst heißt, und wo man mehr über diese erfahren kann.

Druck auf die Politik

Mit der nun gestarteten Sonderausstellung wolle man den Druck auf die Politik erhöhen, so Uta Birkemeyer, damit es auch wirklich zu dem erhofften Umzug kommt. Dass man sich für diesen offen zeige, wurde 2013 von der damaligen Bundesregierung im Koalitionsvertrag verankert. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages bewilligte zwei Jahre später die Mittel dafür. Kurz darauf wurden jedoch vorerst Geflüchtete im Flughafen Tempelhof untergebracht und weitere Pläne zur Entwicklung des Standortes erst einmal auf Eis gelegt.

Inzwischen ist man sich einig, dass der ehemalige Flughafen zu einem Kultur- und Kreativquartier ausgebaut werden soll, zu dem das AlliiertenMuseum durchaus passen könnte. Auch das Kreuzberger Technikmuseum erhofft sich, hier einmal Mieter sein zu dürfen. Doch bislang fehlen noch die Unterschriften unter den Verträgen.

Zudem würden die ursprünglich veranschlagten 27 Millionen Euro Kosten, die einst für Umzug und Umbau des neuen Standorts errechnet wurden, sicher nicht mehr reichen, so Jürgen Lillteicher, Direktor des AlliiertenMuseums. Angesichts gestiegener Baukosten und galoppierender Inflation seien diese nun um einiges höher. Wie hoch genau, könne er aktuell aber noch nicht sagen.

So bald ist sowieso nicht zu rechnen mit dem Museum am neuen Ort. Mit einem Baubeginn wird nicht vor 2030 gerechnet, mit der Neueröffnung nicht vor 2033. Das Militärgerät, das man einmal ausstellen möchte, wird also mit oder ohne Umzug noch eine ganze Weile weiter unter Verschluss gehalten werden müssen. Und das in Zeiten, wo man sich für Panzer und andere Waffen interessiert wie schon lange nicht mehr.

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