Online-Portal über Burschensprache: Lockeres Vokabeln lernen

Das Portal Mads.de für junge Menschen lehrt die Sprache der Burschenschaften. Der Artikel kommt dabei ganz ohne Kritik an Verbindungen aus.

Banner liegt auf Treppenstufen mit der Aufschrift: "Emanzipation statt Elite! Verbindungen kappen"

Kritik an Studentenverbindungen, wie hier in Göttingen vor wenigen Jahren? Bei Mads.de Fehlanzeige Foto: Stefan Rampfel/dpa

BREMEN taz | Sie wollten schon immer mal wissen, was Füxe, Burschen und Alte Herren sind und was der Unterschied zwischen Bierwart und Bierjunge ist? Jetzt wird Ihnen geholfen: Unter den sogenannten Top-Storys des Online-Portals „Mads“ findet sich neben einer Anleitung fürs Ausziehen aus dem Elternhaus und dem großen Ersti-Bull­shit-Bingo auch der Artikel: „Mads erklärt: So spricht man in Studentenverbindungen“.

Dieser liest sich so harmlos wie ein Rezept für vegane Pfannkuchen. Die Passage über das obligatorische Kotzbecken namens Papst ist sogar fast unterhaltsam. „Wo ausgelassen gefeiert wird, wird auch mal über die Stränge geschlagen.“ Dass Burschenschaften auch problematisch sind, davon ist – wie peinlich! – keine Rede.

Im Gegenteil: „Studentenverbindungen sind längst nicht mehr den Bräuchen von Fechten und Blutseiden aus dem 19. Jahrhundert verpflichtet“, heißt es, nicht alle hielten an „veralteten Traditionen und konservativen Werten“ fest.

Mads.de ist ein Portal für junge Menschen der Madsack-Mediengruppe mit Sitz in Hannover, die regionale Tageszeitungen in mehreren Bundesländern vertreibt – darunter die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ). Diese hat am Mittwoch einen Artikel veröffentlicht, der die schwierige Wohnungssuche der Studis und längst ausgebuchte Wohnheime thematisiert. Das Studentenwerk Hannover empfiehlt darin, sich im Umland umzuschauen.

Nicht immer rechts

Wer keine Lust auf lange Fahrtzeiten hat und sich zudem von wilden Partys und Bünden fürs Leben locken lässt, mag sich von den Angeboten der Studentenverbindungen angesprochen fühlen. Denn billiges Wohnen in alten Häusern in bester Lage ist ein weiteres Plus, was die Burschen in ihren Gemeinschaften sehen.

Nun sind nicht alle Burschenschaften rechts oder sogar rechtsradikal. Aber sie sind eben auch keine beliebigen Wohngemeinschaften. Sie sind extrem hierarchisch aufgebaut und elitär. Frauen sind meist nicht zugelassen, Alkohol dafür umso mehr – alles Prinzipien, die fragwürdig sind und weit weg von Selbstbestimmung oder Gleichberechtigung.

In Verbindungen werden Männergesellschaften aufgebaut, deren Ausläufer bis in die normale Gesellschaft ranken. Ehemalige Burschen, die Alten Herren, auch Philister genannt (danke, Mads!), sind vielfach in machtvollen Positionen, verfügen über Geld und üben im Hintergrund Einfluss auf die Heranwachsenden aus.

Eine echte Verpflichtung zu alten Bräuchen, wie Mads es formuliert, ist zwar seltener geworden – aber es gibt sie noch in Form der schlagenden Verbindungen. Die pflegen die Mensur, also den Fechtkampf, teilweise sogar als Pflicht: zur Persönlichkeitsentwicklung, für die Auseinandersetzung mit der eigenen Angst, zum Teambuilding. Es geht quasi darum, ein richtiger Mann zu werden.

Das klingt so bescheuert, dass mensch drüber lachen könnte. Aber solche Strukturen sind – ebenso wie der Mads-Artikel – nicht witzig. Schon gar nicht, da manche Burschenschaften rechtes Gedankengut pflegen, verbreiten und gewalttätig sind.

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Seit 2024 freie Journalistin. Von 2019 bis 2023 erst Volontärin, dann Redakteurin und Chefin vom Dienst bei der taz Nord in Bremen. Hat mal Politik-, Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Komplexes Entscheiden an der Uni Bremen studiert. Schreibt gern über Verkehrs- und Klimapolitik, Sport, Justiz, Parlamentsgeschehen und Soziales.

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