Kohlepolitik in NRW: Wo bleibt die CO2-Minderung?

NRW will acht Jahre früher aus der Kohle aussteigen. Zugleich sollen Braunkohlekraftwerke länger laufen. Wie man das nennt? Eine unschöne Mogelei.

Die wüstenähnliche Landschaft eines Kohle-Tagebaus

Bitteres Menetekel: RWE-Tagebau Garzweiler bei Lützerath Foto: Michael Probst/ap

Nordrhein-Westfalen will den Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorziehen. Das ist eine sehr gute Nachricht. Je schneller die Kohle Geschichte ist, umso besser. Aber die zeitliche Koppelung der Verkündung dieser Entscheidung an eine weitere ist ausgesprochen ernüchternd: Mit dem vorgezogenen Ausstieg teilten die beiden grünen Wirt­schafts­mi­nis­te­r:in­nen Robert Habeck und Mona Neubaur mit, dass in NRW zwei Braunkohlekraftwerke bis 2024 weiterlaufen sollen. Dass ausgerechnet das Dorf Lützerath weichen muss, das Symbol des Widerstands gegen den Mega-Erderhitzer Braunkohle, erscheint wie das bittere Menetekel einer klima­ignoranten Politik.

Was aussieht wie ein Kompensationsgeschäft – Weiterbetrieb gegen früheren Ausstieg –, ist keins. Grüne und CDU in NRW hatten sich bereits auf das Vorziehen des Kohleausstiegs in ihrem Koalitions­vertrag vom vergangenen Juni verständigt. Die Forderung der Grünen nach einem vorgezogenen Kohlestopp stammt aus der Zeit vor der Energiekrise. Sie ist Teil ihrer Klimapolitik vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Jetzt so zu tun, als käme der frühere Ausstieg, um die zusätzlichen CO2-Emissionen durch die länger laufenden Braunkohlekraftwerke auszugleichen, ist eine unschöne Mogelei.

Richtig ist, dass es keine Kompensation für den vermehrten CO2-Ausstoß gibt. Und das gilt nicht nur für die beiden länger laufenden Braun­kohle­kraftwerke in NRW, sondern auch die Anlagen, die entgegen ursprünglichen Plänen weiterlaufen oder wieder ans Netz gehen. Diese Anlagen zur Sicherung der Energieversorgung einzusetzen, ist wahrscheinlich unumgänglich. Es erhöht die Aussichten, dass die Bür­ge­r:in­nen, ohne zu frieren und gut mit Strom versorgt, über den Winter kommen – wenn alle mit Bedacht Energie einsetzen und so viel wie möglich sparen.

Es sieht so aus, als ob es für die Versorgungskrise einen Plan gibt. Für eine andere, die Klima­krise, gibt es ihn aber nicht. Denn die Bundes­regierung sorgt eben nicht dafür, dass der notwendige zusätzliche CO2-Ausstoß kompensiert wird. Gerade das muss sie aber in die Wege leiten, und zwar sofort. Jede Tonne C02, die wegen Putin hierzulande zusätzlich ausgestoßen wird, muss an anderer Stelle weniger emittiert werden. Sehr schnell umsetzbare Möglichkeiten dazu gibt es, zum Beispiel im Verkehr. Mit dem Aussetzen von Inlandsflügen, der Einführung eines Tempolimits für Autobahnen oder einem neuen sehr günstigen bundesweiten ÖPNV-Ticket wäre viel gewonnen. Doch mit der FDP in der Bundesregierung ist eine echte Klimapolitik kaum zu machen.

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