CDU-Parteitag in Hannover: Der Quoten-Merz

Ausgerechnet der CDU-Chef setzt eine parteiinterne Frauenquote durch. Friedrich Merz baut auf die deutschen Wählerinnen.

Friedrich Merz steht an einem Pult und tupft sich die Stirn mit einem Tuch ab

Während Merz für eine Frauenquote stimmte, sprachen sich junge Frauen in der Partei dagegen aus Foto: Fabian Bimmer/reuters

Vor gar nicht langer Zeit wäre das undenkbar gewesen: Friedrich Merz hat auf dem CDU-Parteitag eindringlich für die Einführung einer parteiinternen Frauenquote plädiert. Als letzter Redner griff der CDU-Chef selbst in die Debatte ein – und setzte die Quote am Ende durch. Vorher war an der Stimmung im Saal nicht eindeutig abzulesen, wie es ausgehen würde. Am Ende votierten 559 Delegierte für die Quote, 501 waren notwendig. 409 stimmten dagegen.

Ein revolutionäres Ereignis ist das wahrlich nicht – die Quote wird gestaffelt eingeführt, ist mit Ausnahmen versehen und auf fünf Jahre begrenzt. Immerhin: Nach langem, zähen Ringen hat sich die die CDU eine kleine Modernisierung gegönnt. Ausgerechnet unter Merz könnte man sagen, den die Befürworterinnen der Quote lange verhindern wollten und den seine Un­ter­stüt­ze­r:in­nen gerade auch als Bollwerk gegen das wählten, was sie als vermeintlich links-grüne Identitätspolitik aus schärfste bekämpfen.

Das Gegenteil stimmt wohl eher: Nur einer wie Merz konnte die Geg­ne­r:in­nen der Quote so im Zaum halten, dass sie durchsetzbar war. Entscheidend für ihn dürfte, wie so oft in der CDU, die Machtfrage gewesen sein. Der Parteichef hat erkannt, dass die CDU die Wählerinnen braucht, um zurück an die Regierung zu kommen. Frauen wählen nun einmal lieber Parteien, in denen sie sich auch repräsentiert sehen.

Der Frauenanteil unter den Mitgliedern aber ist mit 26 Prozent beschämend gering, die CDU hat keine Ministerpräsidentin und keine Landeschefin, in der Unionsfraktion im Bundestag sind gerade 23 der Abgeordneten weiblich, auch in den Landtagen sieht es schlecht aus. Lange hat Angela Merkel, die erste Kanzlerin der Republik, das kaschiert. Aber das ist vorbei.

Vor allem junge Frauen stimmten gegen die Quote

Bei der Debatte am Abend erwachte die Partei zum Leben. Es wurde gut anderthalb Stunden engagiert diskutiert, was bei der CDU, die gewöhnlich Entscheidungen von oben brav abnickt, eine höchst seltene Ausnahme ist. Auch redeten vor allem Frauen, kein einziger Mann hat sich – am Redepult – gegen die Quote ausgesprochen. Interessant dabei: Vor allem junge Frauen positionierten sich contra Quote.

Dabei führten sie vor allem sich selbst als Argument ins Feld. „Ich“ habe es doch auch geschafft und will nicht als Quotenfrauen stigmatisiert werden. Strukturelle Analyse: weitgehend Fehlanzeige. Die Be­für­wor­te­r:in­nen argumentierten tiefgründiger, auch war die Dramaturgie der Auftritte die deutlich bessere. Nach den bekannten Vorkämpferinnen für die Quote wie Parteivize Karin Prien sprachen mit Hendrik Wüst und Daniel Günther zwei erfolgreiche Ministerpräsidenten.

Ex-Parteichefin Annegret-Kramp Karrenbauer betonte, ihre ersten Karriereschritte habe sie dem Quorum zu verdanken, das unter Helmut Kohl ebenfalls stark umstritten war, und auch Julia Klöckner rief in einem emotionalen Beitrag: „Deshalb haben sie sich um mich bemüht.“ Zudem teilte die ehemalige Landwirschaftsministerin gegen schenkelklopfende Männer aus, die sich freuten, wenn Frauen gegen Frauen in Stellung gebracht werden. Den Schlusspunkt setzte der Parteichef selbst.

Für Merz barg das ein Risiko. Hätte sich der Parteitag gegen die Quote ausgesprochen, wäre das eine Niederlage für ihn gewesen – und ein beachtlicher Dämpfer. Das Risiko, ihren Parteichef zu schwächen, aber wollten die meisten Delegierten nach Jahren der Parteiquerelen, zwei verschlissenen Vorsitzenden und einer Niederlage bei der Bundestagswahl dann doch nicht eingehen. Ein Teil von ihnen wird auch deshalb zähneknirschend für die Quote gestimmt haben.

Unter den Nein-Stimmen werden viele sein, die in der Partei mitunter Merz-Ultras genannt werden, die besonders treuen An­hän­ge­r:in­nen aus Mittelstandsunion und Junger Union etwa. Der Parteichef wird auch ihnen wieder entgegenkommen müssen, will er die CDU beisammen halten. In welche Richtung sich die Partei unter ihm bewegt, ist noch nicht entschieden.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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