„Toughe Künstler sind bei uns neu“

Sainkho Namtchylak hat als erste Frau den traditionellen Kehlkopf- und Obertongesang aus Tuva auf die Bühne gebracht. Am Samstag singt sie im Forum der Bonner Kunsthalle

taz: Sie experimentieren seit Jahren mit der Verbindung verschiedener Musikstile wie tuvinischer Folklore, Jazz, Avantgarde und jetzt auch elektronischen Sounds. Mit welcher Musik sind Sie aufgewachsen?

Sainkho Namtchylak: Mit klassischer und traditioneller Musik. Als ich in Moskau das Musikstudium beendet hatte, begann die Perestroijka und ich lernte Free Jazz und avantgardistische Musik kennen. Das hat mein Leben verändert. Ich konnte meine eigene Art entdecken mit der Stimme zu improvisieren.

War die traditionelle tuvinische Musik vor der Perestroijka verboten?

Sie war nicht verboten wie die schamanistische und lamaistische Musik. Sie war allerdings auch nicht so populär wie heute. Man konnte auch Kehlkopfgesang praktizieren.

Nur nicht die Frauen. Stimmt es, dass Sie die erste Frau in Tuva sind, die Kehlkopfgesang praktiziert?

Es gab schon viele Frauen vor mir, die diese Technik beherrschten. Aber ich bin die erste professionelle Sängerin, die diesen Gesang auf der Bühne vorträgt.

Wie sieht die Musikszene heute in Tuva aus?

Es gibt genug Ausbildungsmöglichkeiten, aber nicht genug Arbeit. Wir haben viele sehr gute Musiker, doch Kreativität kann in einem armen Land wie Tuva sehr teuer sein. Darum gibt es viele Künstler, die auch außerhalb der Grenzen versuchen, ihre Kunst bekannt zu machen. Und die sind nicht nur sehr kreativ, sondern auch sehr tough. Das ist völlig neu in Tuva. INTERVIEW:
ULRIKE KLAUSMANN