Iran, Gaspreise und russische Mobilmachung: Biden kann jeden Erfolg gebrauchen

Die Gaspreise sind so beständig wie das Wetter. Nancy Faser geht durch ein Initationsritual im Innenministerium. Knight Rider feiert 40. Geburtstag.

Biden steht neben einer US-amerikanischen Flagge und Menschen, die auf einer Bühne stehen und Schilder hochhalten, auf denen "Union Strong", "A better America" und "USA" steht

Vergangene Woche verkündete Biden, dass die Pandemie vorbei sei Foto: Evan Vucci/ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mobilmachung in Russland.

Und was wird besser in dieser?

Debilmachung hakt auch.

Im Iran halten die gewaltsamen Proteste nach dem Tod von Mahsa Zhina Amini an. Gibt es Chancen auf Reformen?

Mit dem Kopftuch durch die Wand: Nein. Die USA haben das Atomabkommen zertrumpelt, Europa und Biden versuchten gerade, es wieder hinzustellen. Vielleicht ringen sich die Mullahs einen Tadel für die mörderische Sittenpolizei ab – langfristig verkeilen sich Menschenrechtspolitik und Diplomatie gegeneinander.

Der Europäische Gerichtshof hat über die Vorratsdatenspeicherung entschieden. Die deutschen Regelungen sind unzulässig. Faeser kann aber nicht loslassen. Halten Sie manchmal auch an schlechten Angewohnheiten fest?

KandidatInnen für den Innenjob müssen ein blutrünstiges und steinzeitliches Initiationsritual durchlaufen: Die Asche der Verstorbenen schnupfen, Köpper von der Klippe und fehlerfrei „Einsatz der Bundeswehr im Inneren“ fordern. Die Vorratsdatenspeicherung ersetzt dabei einen älteren Ritus, so oft mit dem Schädel vor die Wand zu hämmern, bis die Wand sich entschuldigt. Schweden und Frankreich hatten sich beim EuGH die rote Karte abgeholt, bevor Deutschland 2015 versuchte, den Ball mit der Hand ins Tor zu werfen. Das Gericht empfiehlt, per „Quick Freeze“ nur die Daten konkret Verdächtiger kurz zu speichern, vor Freigabe schaut ein Richter drauf. Und die „Login-Falle“: Plattformbetreiber müssen die Klarnamen übler User an die Polizei geben. Das ist Status Koalitionsvertrag Ampel. Innenministerin Faeser hingegen fuchtelt mit einem Seehofer-Relikt herum: Bei Kindesmissbrauch müsse man doch und so. Dabei benennt sie keinen Fall, bei dem das der Polizei geholfen hätte. Volkskundler sprechen hier von Verhorstung.

Die Gasumlage wird wieder fraglich. Wirtschaftsminister Habeck ist trotzdem optimistisch mit Blick auf den Winter. Sie auch?

Ja, ich guck auch gern „Astro TV“. Da könnte Habeck mit den Engeln channeln, was ungefähr so zuverlässig werden dürfte wie alle Prognosen jetzt: Die „gut gefüllten Gasspeicher“ reichen „zwei bis drei durchschnittliche Wintermonate“. Der unvergessene HaJo Friedrichs moderierte das „Wetter“ in den „Tagesthemen“ mal so an: „Morgen gibt es auch wieder ein Wetter. Vielleicht sogar dieses.“ Mehr weiß derzeit niemand. Die Verstaatlichung von Uniper greift circa im Januar. Raucht die Firma vorher ab, müssten, Modell Habeck, weitere Steuern fließen – oder, Modell Lindner, die Kunden das per Umlage bezahlen. Man darf also optimistisch sein, dass man es irgendwie sowieso bezahlt.

Am Freitag fanden Scheinreferenden über einen Russlandbeitritt in besetzten ukrainischen Gebieten statt. Olaf Scholz warf Putin blanken Imperialismus vor. Haben Sie ihm auch was vorzuwerfen?

Das „Minsk 2“-Abkommen sah auch Wahlen und Referenden über den Status der Ostukraine vor. Dafür sollte die Ukraine ihre Verfassung ändern und Russland die Zugehörigkeit der Gebiete zur Ukraine akzeptieren. Beide unterschrieben und scherten sich fortan einen Dreck drum. So gesehen logisch, dass nun die Garanten von „Minsk“, Frankreich und Deutschland, wortgleich Russlands „blanken Imperialismus“ geißeln. Wer bisher träumte, den Ausgang aus der Katastrophe am Eingang zu finden – etwa: „Minsk“ –, kann raus zum Duschen. Irgendwann ein echtes Referendum zu akzeptieren verlangte Putins Geständnis: Dies hier ist keins. Mit Sahra Wagenknecht: Höchste Zeit für einen „beispiellosen Wirtschaftskrieg“. Man müsste sich ja schämen, wenn nicht.

Biden hat die Coronapandemie für beendet erklärt. Ist sie damit dann auch vorbei?

Präsident Biden fightet um die Midterm-Wahlen gegen das Phantom Trump und kann jeden Erfolg gebrauchen. Auch ausgedachten.

Die Serie „Knight Rider“ feiert ihren 40. Geburtstag. Die Autoindustrie rechnet nicht vor 2030 mit autonomen Fahrzeugen. Haben Sie sich früher so ein Auto gewünscht?

Nö. Ich fürchte, Automatisierung im Auto weckt Kastrationsängste, anders ist der Erhalt von Schaltgetrieben kaum zu erklären. Auch ich bevorzugte ein Navigationsgerät, dem ich ob meiner überlegenen Fährtenkenntnis widersprechen und mit dem ich laut streiten könnte. Schließlich „Halt’s Maul!“ und dann bieg ich falsch ab.

Und was machen die Borussen?

Nationalelf verliert mit nur einem Dortmunder. Gepflegtes Desinteresse allerseits.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.