Nach der Verstaatlichung von Uniper: Ampel streitet über Gasumlage

Die Ampel-Regierung übernimmt den Energiekonzern Uniper. Die Zukunft der Gasumlage ist ungewiss.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, verlässt die Pressekonferenz zur Übernahme des Gasimporteurs Uniper durch den Bund

Hat sich mit der Uniper-Verstaatlichung schwedische AKW eingehandelt: Wirtschaftsminister Habeck Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | In der Bundesregierung gibt es Streit darüber, wie es nach der Verstaatlichung des Energie­kon­zerns Uniper mit der umstrittenen Gasumlage weitergeht. Trotzdem wird sie zum 1. Oktober eingeführt und mindestens so lange beibehalten, bis die Verstaatlichung von Uniper abgeschlossen ist. Das wird etwa drei Monate dauern, kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) am Mittwoch an.

Mit der Verstaatlichung will die Bundesregierung die Gasversorgung sicherstellen. Uniper ist durch die ausbleibenden russischen Gaslieferungen in Schieflage geraten. Das Unternehmen muss für enorme Summen Ersatz kaufen, um Lieferverpflichtungen zu erfüllen. Nach einer Insolvenz hätten Verträge neu ausgehandelt werden müssen – angesichts der Lage auf den Energiemärkten ein unüberschaubares Risiko.

Der Bund wird Uniper nach einer Kapitalerhöhung von 8 Milliarden Euro und der Übernahme des Aktienpakets des bisherigen finnischen Mehrheitseigners Fortum im Wert von knapp 500 Millionen Euro zu 99 Prozent übernehmen. Fortum erhält Kredite in Höhe von 8 Milliarden Euro zurück, die Uniper erhalten hat. Der Bund übernimmt auch weitere Kreditverpflichtungen.

Um Uniper und andere Energiekonzerne finanziell zu stützen, hat die Bundesregierung eine Gasumlage beschlossen, die die Kun­d:in­nen zahlen müssen. Damit sollen 34 Milliarden Euro eingenommen werden. Nach Kritik an der ursprünglichen Verordnung hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Überarbeitung in die Ressortabstimmung gegeben, die das Kabinett am 28. September beschließen soll. Danach bekommen etwa Unternehmen, die Gewinne machen, kein Geld. Übrig bleiben wahrscheinlich von den einst zwölf Profiteuren nur Uniper, das in öffentlicher Hand befindliche Unternehmen VNG und die frühere Gazprom-Germania, die jetzige Securing Energy for Europe, deren Verstaatlichung ebenfalls wahrscheinlich ist. Die Umlage würde also nur an Staatsunternehmen gehen. Nach Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums könnte sie als eine Sondersteuer gewertet werden, die rechtlich fragwürdig ist.

Industrie will Aus der Gasumlage

Auch in der SPD werden Stimmen lauter, die eine Abschaffung fordern. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast hat sich für eine erneute Prüfung ausgesprochen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will aber an der Umlage festhalten. Die Bundesregierung habe bereits in der vergangenen Woche entschieden, dass sie keine Rechtsbedenken gegen die Umlage habe, sagte er.

Neben Sozialverbänden fordert auch die Industrie eine Abschaffung der Gasumlage. „Wir brauchen jetzt einen klaren Schnitt, die Gasumlage muss vom Tisch“, sagte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). Die Unternehmen könnten auch kurzfristig keinerlei weitere Belastungen mehr verkraften. „Die Energiekosten müssen besser heute als morgen sinken, die Lage wird immer dramatischer“, sagte er.

Unabhängig davon, wie der Streit in der Regierung ausgeht, eingeführt wird die Umlage auf jeden Fall. „Die Gasumlage wird erhoben werden ab 1. Oktober“, sagte Habeck. Sie sei „als Brücke“ wichtig, um die finanzielle Stabilität von Uniper sicherzustellen. Sollte sie nicht mehr erhoben werden können, müsse sofort eine Alternative geschaffen werden. Das wären wohl Haushaltsmittel – weshalb sich Lindner dagegen sperrt.

Auch die Union drängt auf ein Aus für die Abgabe. Sie hält die Verstaatlichung von Uniper für richtig, aber für zu spät. Dem Markt wäre viel Verunsicherung erspart geblieben, wenn die Regierung die Entscheidung schon im Juli getroffen hätte, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexan­der Dobrindt.

Deutschland betreibt jetzt russische Stromversorgung

Die Gewerkschaft Verdi und der Betriebsrat von Uniper begrüßen die Übernahme. Sie sei richtig, um das Unternehmen zu stabilisieren, sagte der Betriebsratsvorsitzende Harald Seegatz. In Deutschland beschäftigt das Unternehmen rund 5.000 Mit­ar­bei­te­r:in­nen. Die Umweltorganisation BUND fordert, dass der Staat Uniper auf erneuerbare Energien umstellt. „Die staatliche Übernahme muss der Anfang vom Ende des fossilen Energiekonzerns Uniper sein“, forderte der BUND-Vorsitzende Olaf Brandt. Der Konzern müsse jetzt den beschleunigten Kohleausstieg bis 2030 einleiten und das Kohlekraftwerk Datteln IV schnellstmöglich abschalten, forderte er.

Habeck kündigte an, Deutschland werde Einfluss auf Uniper ausüben und „sich die einzelnen Geschäftsfelder anschauen“. Die Bundesregierung wird auch entscheiden müssen, wie sie mit den Beteiligungen umgeht, die mit der Verstaatlichung verbunden sind. Darunter sind schwedische AKWs – und Teile der russischen Stromversorgung.

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